Wahlfahrt09 » Sigmaringen http://www.wahlfahrt09.de Mon, 03 May 2010 15:28:35 +0000 en hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.2.1 Auf eine Wurst mit… http://www.wahlfahrt09.de/menschen/auf-eine-wurst-mit/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=auf-eine-wurst-mit http://www.wahlfahrt09.de/menschen/auf-eine-wurst-mit/#comments Wed, 02 Sep 2009 08:58:23 +0000 Ulrike Steinbach http://www.wahlfahrt09.de/?p=1709

SIGMARINGEN. Wurst-Udo ist ein Sigmaringer Original. Drei Mal in der Woche verkauft er seine Bratwürste vor dem Rathaus. Er weiß, wie die Leute ticken. Wir haben ihn gefragt, welchen Einfluss das Fürstenhaus der Hohenzollern hat und was er von der Wahl hält.

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“Wir sind die größte Touristenattraktion” http://www.wahlfahrt09.de/menschen/wir-sind-die-groste-touristenattraktion/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=wir-sind-die-groste-touristenattraktion http://www.wahlfahrt09.de/menschen/wir-sind-die-groste-touristenattraktion/#comments Sun, 30 Aug 2009 18:28:38 +0000 Malte Göbel http://www.wahlfahrt09.de/?p=2920 sigmaringen_erbprinzSIGMARINGEN. Karl Friedrich Erbprinz von Hohenzollern (57) ist Generalbevollmächtigter derUnternehmensgruppe Hohenzollern und spielt Saxophon in der Jazz-Band “Charly and the Jivemates”. Mit der Wahlfahrt sprach er über Wirtschaftsminister Guttenberg, Respekt gegenüber dem Adel und die Rolle der Hohenzollern in Sigmaringen.

Wie rede ich Sie eigentlich korrekt an? Durchlaucht?

Ja, wenn Sie das so machen wollen, gerne.

Oder Herr von Hohenzollern-Sigmaringen?

Herr von Hohenzollern gibt es nicht. Sie können entweder Prinz von Hohenzollern oder Durchlaucht sagen. Heute läßt man das angehängte Sigmaringen weg, es wurde früher zur Unterscheidung von den anderen Hohenzollernhäusern Hechingen und Haigerloch genutzt. Aber diese Linien gibt es alle nicht mehr, sondern nur noch das Haus Hohenzollern oder Haus Preußen.

Welche Bedeutung hat Adel heutzutage noch? Um Karl Theodor zu Guttenberg gab es ja fast einen Hype…

Ich glaube weniger, dass seine Beliebtheit mit seinem Adel zu tun hat – sondern er hat etwas, was die meisten Politiker heute nicht mehr haben: Eine gute Erziehung und eine gute Ausbildung. Sie merken es daran, dass er einer der wenigen Politiker ist, der keinen Dolmetscher braucht, weil er Englisch und Französisch fließend spricht – und weil er finanziell unabhängig ist und damit natürlich auch politisch unabhängig. Dann sieht er gut aus, das kann bei der weiblichen Wählerschicht eine Rolle spielen. Und er ist ein Sympathieträger. Das hat nichts mit seinem adligen Namen zu tun.

Hätten Sie mit Vorurteilen gerechnet?

Wenn ich an den Prinz zu Solms denke, der seit langem im Kabinett ist: Er musste sich auf Druck seiner Partei Herr zu Solms nennen, weil die Partei Nachteile befürchtete, wenn er sich als Prinz in der Politik präsentiert. Deswegen hatte ich sogar erwartet, dass Guttenberg mit Vorurteilen konfrontiert wird. Zu Unrecht: Er ist unabhängig und könnte auch etwas anderes tun. Aber er wollte bewusst in die Politik. Ich kenne ihn persönlich, und er hat gesagt, er möchte in der Politik etwas bewegen. Und das tut er momentan auch.

Ist ein Adelstitel heute noch wichtig?

Adelstitel gibt es heute gar nicht mehr, als Titel gibt es nur noch den Doktor. Es gibt aber einen adligen Namen, das zur Richtigstellung. Die Wichtigkeit wird einem von anderen beigemessen, ich kann jetzt nicht sagen, ob es wichtig oder nicht wichtig ist.

Spüren Sie in Sigmaringen im Umgang mit der Bevölkerung einen Respekt, der damit zusammenhängt?

Ja, aber das hängt nicht mit dem Namen zusammen, sondern das hängt mit der Familie zusammen, mit der Rolle, die wir in Sigmaringen spielen, mit der ganzen Geschichte.

Wie würden Sie Ihr Verhältnis zur Bevölkerung beschreiben?

Sehr gut. Ich bin hier zur Schule gegangen, ich habe ein völlig normales Verhältnis und relativ viele Schulfreunde, die heute in irgendwelchen Positionen sind. Ich kenne die Menschen, ich kann über die Straße laufen, ohne angeglotzt zu werden. Ich kann mich völlig normal bewegen und genieße aber trotzdem aufgrund der Dinge, die wir bewegen, Respekt. Das fängt mit dem Schloss an: Wir sind sicher in Sigmaringen die größte Touristenattraktion, sind aber natürlich auch der größte Arbeitgeber im Landkreis und haben deswegen den Respekt der Bevölkerung. Auch durch den normalen Lebenswandel, den wir führen. Wir sind wenig in der Presse, wir führen kein großspuriges Leben, weder mit Yachten noch mit sonstigen Dingen. Und ich glaube, dass wir uns damit den Respekt der Bevölkerung auch verdient haben.

Sie haben auch ein zweites Leben, sind leidenschaftlicher Jazzmusiker…

Als zweites Leben würde ich das eigentlich nicht bezeichnen, jeder Mensch hat nur eines. Aber es ist Teil meines Lebens, ein großes Hobby und meine Leidenschaft, und das betreibe ich auch, soweit es die Zeit erlaubt.

Finden Sie noch Zeit für Proben und Auftritte mit Ihrer Band “Charly and the Jivemates”?

Wir haben etwa zwei Auftritte pro Monat. Wenn man ein bisschen über das hinausgeht, was man als Hausmusik bezeichnet, und sich dazu entscheidet, sie auf der Bühne zu machen, dann muss man sich auch die Zeit dafür nehmen. Das macht ja auch Spaß.

Welche politischen Themen bewegen Sie vor der Bundestagswahl?

Das sind natürlich an erster Stelle die wirtschaftlichen Themen. Wie löst man langfristig das ganze Thema der Schuldenpolitik? Wie wird die zukünftige Regierung mit den Folgen der Wirtschaftskrise umgehen? Wie geht man damit um, dass man durch öffentliche Schulden selbst in Unternehmen eingegriffen hat – Thema Bankenverstaatlichung. Das bewegt mich schon. Wir haben Schulden, die wir auf die nächste Generation weitertragen. Und es sind auch viele Fragen nicht gelöst wie die Renten der Staatsbeamten, wovon sollen die in Zukunft bezahlt werden?

Wie stark spüren Sie in Ihren Unternehmen die Wirtschaftskrise?

Wir spüren sie, und zwar deutlich. In Teilbereichen gab es im Frühjahr bis zu 60% Auftragseinbrüche. Daraufhin haben wir Überstunden abgebaut, das war der erste Schritt. Der zweite Schritt war es, die nicht-festangestellten Leiharbeiter freizusetzen, und der nächste Schritt war die Leiharbeit. Wir denken aber, dass wir unsere Kernmannschaft halten können – das heißt, die Mitarbeiter, die wir fest im Betrieb haben. Wir kommen also fast ohne Entlassungen über die Runden. Aber wir haben starke Abstriche machen müssen und vermuten, dass wir in diesem Jahr etwa auf dem Niveau von 2005 landen werden.

Welche Partei werden Sie wählen?

Ich tu mich manchmal schwer, weil populistische Themen sein müssen und jede Partei die braucht, um gewählt zu werden. Ich tu mich mit allen bürgerlichen Parteien schwer, die FDP hat gerade die besten Argumente, aber ich möchte mich da nicht festlegen: Die Partei, die aus meiner Sicht meine Interessen am besten vertritt – das wird die Partei sein, die ich wähle.

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Tagebuch: Was ma von de Schwoben so lernt http://www.wahlfahrt09.de/tagebuch/was-ma-von-de-schwoben-so-lernt/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=was-ma-von-de-schwoben-so-lernt http://www.wahlfahrt09.de/tagebuch/was-ma-von-de-schwoben-so-lernt/#comments Sun, 30 Aug 2009 18:24:28 +0000 Moira Lenz http://www.wahlfahrt09.de/?p=1676 30082009_tagebuch

Foto: Milos Djuric

Jetztetle sim ma im Ländle, in Sigmaringen, zwische den Badenser un d Württemberger, genau gsagt bei den Hohenzollern. Des fällt au sofort auf, weil des Städtle nämlich überragt wird vom Schloss. Auf dr oine Seit. Auf dr andreren isch der Barras, die Bundeswehr. On dozwische äben s Städtle an dr Donau.

Erscht mol sin se net so interessiert, d Schwoba in Sigmaringen. Mischtrauisch sen se, ob mer a Partei wäret, was mer wellet und so woiter. Aber mit dr Zeit gat s scho, weil d Ute Korn-Amann von dr Schwäbische Zeitung über uns berichtet und dann kommet se, d Leut.

Am Samstig sogar in Massen, aber net wäge uns, do isch nämlich dr Kruschlmarkt gwä: Oimal em Jahr kommet fascht 10.000 Leut, um den Kruscht von de Sigmaringer z kaufe. Des isch ebbes, wo dem Schwob s Herz aufgeht: En Keller ko ma ufräume un no s Geld verdiene. Damit des dr Nachwuchs au glei lernt, derfet d Kinder umsuscht verkaufe in dr Apothekergass, des isch dann wie s Börsenspiel an dr Schule – fürs Läbe glernt.

Nachts isch au no was los, am Bahnhof im AlfonsX sitztet o paar nette Mädle un oine isch fascht scho a Berühmtheit: d Elli von Elli on Nelli, die sin grad bei Popstars. Wie s weiter got, derft se aber net soge, sonscht müscht se a Strof zahle – un des macht d r Schwob net gern. Schpäter sen ma no uf a Feschtle gonge, a Beachparty wie mo auf neudeutsch sagt. Aber net am Beach, sondern am Baggersee: Baggert isch da au worre, abr wir hän selbschtverständlich rescherschiert.

Ob ma a Zigarette kriege könnet, hän ma on jungen Mo gfragt: Er soi a Schwob, hatr drauf gsagt  – erscht nach vielem Bitten hot r oine härgäba. Au bei dr Bar wars net oifach: Pfand hän se gnomma für an Plaschtikbecherle wies billiger net soi ka. An Konditor-Lehrling hän ma no troffa, der hat viel gwißt übers Eckle: So au, dass dr Fürscht gern amol an Scheich do het zum Wildsau jage. Selber isch dr Jörg bei dr Freiwilligen Feuerwehr gwä: Katzen hän se no net vom Baum gholt, hat er verzählt. Aber d Pferd sen so bled, die müsstet se immer wieder us dr Donau ziega: Mit am Schlauch um Bauch un no and Leitr gbunde.

Glernt häm ma d Schparsamkeit vom Schwob: Umsuscht hän mr bei dr Tante Ute gschlofe und gschmaust – net gschimpft isch grad gnug globt!

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Politik auf eigene Faust http://www.wahlfahrt09.de/menschen/politik-auf-eigene-faust/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=politik-auf-eigene-faust http://www.wahlfahrt09.de/menschen/politik-auf-eigene-faust/#comments Sun, 30 Aug 2009 17:40:31 +0000 Paula Scheidt http://www.wahlfahrt09.de/?p=1691 Sigmaringen_Oscar_Loeffler

Erst seit wenigen Monaten in der Politik: Direktkandidat Löffler (Foto: Milos Djuric)



SIGMARINGEN. Bei der Bundestagswahl treten nicht nur Parteien an. Wer genügend Unterstützer sammelt, kann sich auch als unabhängiger Direktkandidat aufstellen. Einen solchen parteilosen Kandidaten haben wir in Sigmaringen auf dem Marktplatz kennen gelernt, während er auf einem Stehroller Wahlkampf machte.

„Was Politik betrifft, bin ich ein unbeschriebenes Blatt“ sagt Oskar Löffler (49). Er hat erst vor wenigen Monaten beschlossen, in die Politik zu gehen. Nun kandidiert der Agrartechniker bei der Bundestagstagswahl als parteiloser Direktkandidat für den Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen (295).

Der Landkreis ist traditionell CDU-regiert. Bei den Bundestagswahlen 2002 und 2005 gewann der christdemokratische Direktkandidat jeweils mehr als 50 Prozent der Stimmen. Unabhängige Konkurrenz gab es nicht, nur Vertreter von anderen Parteien. „Meine Entscheidung zu kandidieren ist ein Kampf zwischen David und Goliath“, sagt Löffler.

Damit der Kampf nicht ganz so aussichtslos ist, hat sich Löffler dem Willi-Weise-Projekt angeschlossen: einem losen Bündnis parteiloser Direktkandidaten, initiiert vom Kuratorium „Neue Demokratie“ mit Sitz in Berlin. Auf der gemeinsamen Homepage haben sich über achtzig Kandidaten ein Profil erstellt. Das Bündnis soll als explizite Nicht-Partei eine Alternative im bestehenden Parteiensystem schaffen. „Dem Willi-Weise-Projekt fehlt alles, was eine Partei auszeichnet“, erklärt ein Sprecher des Bundeswahlleiters. Das soll auch so bleiben. „Wir wollen der Stimme des Volkes mehr Geltung im deutschen Bundestag zu verschaffen“, steht auf der Homepage.

Bürgernähe ist Löffler sehr wichtig, und deshalb führt er seinen Wahlkampf auch in erster Linie mit lokalen Themen. „Viele Politiker in Berlin kennen die Probleme, die uns beschäftigen, gar nicht“, sagt er. Auf Stimmenfang geht er mit einem Segway, einem elektrischen Stehroller. Damit fährt er regelmässig über den Wochenmarkt von Sigmaringen. Vorne am Fahrzeug hat er sein eigenes Wahlplakat aufgeklebt. Die meisten Verkäufer und Passanten kennen ihn bereits.

Was Löffler bewegt: In vielen Stadtteilen habe man keinen Handy- und Internetempfang. Der Ort ist von der Schwäbischen Alb umgeben, deshalb funktionieren die Netze in einigen Lagen nicht. „Ich kenne Familien, die deshalb schon in einen anderen Stadtteil umgezogen sind. Schon mehrfach haben wir uns bei der Stadt beschwert, aber bisher ist nichts passiert“, sagt er. Auch was den Verkehr betrifft, gebe es einige ungelöste Probleme.

In Sigmaringen ist die Bundeswehr allgegenwärtig. Denn hier befindet sich der Stützpunkt der Zehnten Panzerdivision. „Grundsätzlich befürworte ich die Bundeswehr“, sagt Löffler. „Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass unsere Freiheit wirklich am Hindukusch verteidigt wird.“ Deshalb sei er für einen schnellstmöglichen Abzug der deutschen Soldaten. „Ich kenne einige Offiziere, die mir hinter vorgehaltener Hand bestätigen: Wenn die Bevölkerung in Deutschland wüsste, was dort wirklich passiert, wäre die Akzeptanz noch viel geringer.“ Mit der örtlichen Situation ist er aber sehr zufrieden. „Die Soldaten sind hier gut integriert. Um unseren Stützpunkt mache ich mir keine Sorgen. Er sollte ein Vorbild sein für die übrigen Stützpunkte in Deutschland.“

Falls Löffler die Wahl gewinnen sollte, will er sich vor allem für die konkreten Probleme seiner Mitbürger einsetzen. Seine Chancen sind gering, das weiss er. Aber er sagt augenzwinkernd: „Wir wissen ja, wie der Kampf von David gegen Goliath ausgegangen ist.“

Oskar Löffler mit seinem Stehroller auf dem Sigmaringer Wochenmarkt (Foto: Milos Djuric)

Oskar Löffler mit seinem Stehroller auf dem Sigmaringer Wochenmarkt (Foto: Milos Djuric)

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Herr Hohenzollern, äh… Durchlaucht http://www.wahlfahrt09.de/geschichten/herr-hohenzollern-ah-durchlaucht/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=herr-hohenzollern-ah-durchlaucht http://www.wahlfahrt09.de/geschichten/herr-hohenzollern-ah-durchlaucht/#comments Sun, 30 Aug 2009 10:52:00 +0000 Malte Göbel http://www.wahlfahrt09.de/?p=2296 erschienen am 8. September auf Spiegel Online.

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Foto: Milos Djuric

SIGMARINGEN. Fremde tun sich schwer, die Einheimischen aber wissen, wie sie “ihren” Fürsten anzureden haben. Prinz geht, Durchlaucht auch, Hauptsache höflich und respektvoll. Denn die Familie Hohenzollern hat in Sigmaringen bis heute großen Einfluss – als zweitgrößter Arbeitgeber und in der Lokalpolitik.

Der Blick ist der gleiche wie vor Hunderten von Jahren: Sigmaringen drängt sich an das majestätisch darüber aufragende Hohenzollern-Schloss. Fast scheint es, als sei die Zeit stehen geblieben. Nicht nur optisch: Denn die Hohenzollern, die einst das Schloss erbauten und dort residierten, gibt es immer noch in Sigmaringen. Die politische Macht haben sie zwar während der Revolution 1848 abgegeben. Aber ökonomisch nehmen sie weiter Einfluss, über Grundbesitz und die Unternehmensgruppe Hohenzollern. Ohne das Fürstenhaus läuft im Ort am Südrand der Schwäbischen Alb fast nichts. Und: Das stört hier niemanden.

Denn die knapp 17.000 Sigmaringer lieben “ihren” Fürsten und “ihre” Hohenzollern. “Der Fürst ist eine Art Vaterfigur”, sagt beispielsweise der 72-jährige Textilingenieur Manfred Niederdraeing, der am Wochenende mit seiner Frau über den Flohmarkt schlendert. Im Prinzip habe er etwas gegen Adlige, das sei einfach nicht mehr zeitgemäß – “aber sie haben einen ganz gewaltigen Vorteil: Sie denken in Generationen, nicht in Wahlperioden”. Politiker kommen und gehen, die Fürsten bleiben – und fühlen sich auch verantwortlich für die Leute in der Stadt. Das gefällt Manfred Niederdraeing. “Wenn es seinen Firmen mal schlechter ging, hat der alte Fürst lieber in Kanada ein Stück Land verkauft, um die Leute zu halten.”

Wie er hat kaum jemand im Ort Kritisches über das Haus Hohenzollern zu sagen. “Man kann sich Sigmaringen nicht ohne Fürst vorstellen, der gehört einfach dazu”, erklärt Ute Korn-Amann, Lokaljournalistin der “Schwäbischen Zeitung”.

Sigmaringen_Adel-1

Foto: Milos Djuric

“Der Erbprinz ist nicht so ehrenkäsig”

Wenn Erbprinz Karl Friedrich durch die Stadt geht, reden die meisten ihn mit “Durchlaucht” an, obwohl das als Titel gar nicht mehr notwendig wäre. Das sei einfach Höflichkeit, sagen die Leute hier. Ein Ansprechen in der dritten Person (“Haben Durchlaucht einen schönen Abend gehabt?”) werde nicht erwartet, und wenn mal jemand nicht “Durchlaucht” sage, sei das auch nicht schlimm. “Der Erbprinz ist da nicht so ehrenkäsig”, erklärt Ute Korn-Amann. Auf Nachfrage, ob man ihn denn mit “Durchlaucht” ansprechen solle, sagt Erbprinz Karl Friedrich selbst: “Wenn Sie das so machen wollen, gerne. Sie können auch Prinz von Hohenzollern sagen.”

Politisch steht der Erbprinz ungefähr da, wo die Sigmaringer auch sind: Er gehörte 2005 dem Wirtschaftsrat der CDU an, 50 Prozent der Sigmaringer wählten bei der vergangenen Bundestagswahl konservativ. Und natürlich ist Karl Friedrich zu Hohenzollern auch ein Fan von Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). “Er hat etwas, was die meisten Politiker heute nicht mehr haben. Er hat eine gute Erziehung und eine gute Ausbildung. Und er ist finanziell unabhängig – und damit natürlich auch politisch unabhängig.”

Ähnliches gilt für die Hohenzollern. Seit 300 Jahren betreibt das Fürstenhaus die Metallverarbeitung im Laucherthal bei Sigmaringen – und ist so nach der Bundeswehr mit etwa 3000 Beschäftigten zweitgrößter Arbeitgeber der Region. Der Betrieb ist profitabel: Vor der Wirtschaftskrise lag der Jahresumsatz bei 600 Millionen Euro, der Gewinn bei 33 Millionen. Inzwischen gab es Auftragseinbrüche um bis zu 60 Prozent, erklärt Karl Friedrich Erbprinz zu Hohenzollern. “Wir denken aber, dass wir unsere Kernmannschaft im Betrieb halten können und fast ohne Entlassungen auskommen.” Trotz starker Abstriche werde man das Niveau von 2005 erreichen.

Der Landrat berichtet nur Gutes über die Hohenzollern

Landrat Dirk Gaerte, ein agiler Macher-Typ von der CDU, betont die Bedeutung des fürstlichen Industriebetriebs für die Region. “Wir haben aktuell vier Prozent Arbeitslosigkeit”, berichtet er, “wenn es schlecht läuft, werden es aber auch nicht mehr als sechs oder sieben Prozent.” Er kann nur Gutes über die Hohenzollern berichten. “Das Fürstenhaus ist selbstverständlicher Teil dieser Landschaft. Sie bringen Tradition, Struktur und Arbeitsplätze. Man ist stolz auf sie.”

Natürlich bedeutet das auch ökonomische Abhängigkeit. Udo Gräser, der auf dem Sigmaringer Wochenmarkt Würste verkauft, kennt viele, die beim Fürsten arbeiten. “Das beeinflusst natürlich die Leute. Wir haben früher bei uns Zuhause gesagt: Wessen Brot ich ess, dessen Lied ich sing. Da ist was dran.” Gräser gilt im Ort als Kultfigur, liebevoll nennt man ihn “Wurst-Udo”. Er kennt fast jeden, redet mit allen und sollte sogar schon einmal als Bürgermeisterkandidat aufgestellt werden, weil er so ein uriger Typ ist. Und auf den Fürsten möchte er nichts kommen lassen: “Der Fürst engagiert sich sehr für die Bevölkerung, seinen Einfluss nutzt er mehr zum Wohle als zum Negativen, so wie ich es sehe.”

Neben der Fabrik macht die Fürstenfamilie auch über ihren Landbesitz Einfluss geltend. 14.000 Hektar Wald gehören dem Fürstenhaus – vor den Weltkriegen war es zwar noch mehr in Pommern, Schlesien und Böhmen, doch nach 1945 kauften die Hohenzollern viel Wald in Kanada. Im Fall einer kommunistischen Machtübernahme hätten sie dann dort ein Rückzugsgebiet gehabt.

Prinzengarten oder Auto-Tunnel?

Auch um Sigmaringen besitzen die Hohenzollern viele Ländereien: Bei größeren Projekten ist die Stadtverwaltung immer auf die Kooperationsbereitschaft des Fürstenhauses angewiesen: Etwa bei der Vorbereitung der kleinen Landesgartenschau im Jahre 2013 oder Verschönerungsmaßnahmen in der Stadt wie der Instandsetzung des Prinzengartens oder der Josefskapelle. Als “rundum gut” bezeichnet Bernt Aßfalg, parteiloser stellvertretender Bürgermeister von Sigmaringen, die Zusammenarbeit mit dem Fürstenhaus. “Das Fürstenhaus ist permanent präsent in der Stadt und den städtischen Belangen gegenüber auch immer sehr aufgeschlossen.”

Dass es nicht immer so problemlos läuft, zeigen die vor einigen Jahren vorgestellten Pläne zur Untertunnelung der Bahnlinie. Am Bahnübergang kurz vor der Innenstadt stauen sich oft die Autos, und eine Unterführung sollte Abhilfe schaffen. Da der Tunnel mit dem Prinzengarten Grundstücke der Fürstenfamilie berührte, musste deren Zustimmung eingeholt werden.

Erbprinz und Kommune waren sich auch schnell einig, ein Architektenwettbewerb wurde ausgeschrieben. Doch dann sperrte sich der Fürst, der sich um seinen Park sorgte, und das Projekt musste ad acta gelegt werden. Der stellvertretende Bürgermeister Aßfalg bestätigt das indirekt, indem er sagt, dass das Projekt “sowohl aus Kostengründen wie auch aufgrund dieser Widerstände” eingestellt worden sei.

“Ich glaube nicht, dass sich jemand die Monarchie zurückwünscht”

Wie es läuft, wenn es nicht läuft, also wenn Kommune und örtliches Fürstenhaus nicht zusammenarbeiten, zeigt das etwa 15 Kilometer entfernte Meßkirch, im Einflussbereich des Hauses Fürstenberg von Donaueschingen. Dort wird gerade die Kirche St. Martin renoviert, die sich im Besitz der katholischen Gemeinde befindet, sie ist eingerüstet und in blaue Folie gehüllt – nur die an die Kirche angebaute Nepomukkapelle bleibt unberührt. Denn die Kirche gehört der Gemeinde, die Kapelle dem Haus Fürstenberg, wo man für eine Renovierung keine Dringlichkeit sieht. Dabei liegt die letzte über 80 Jahre zurück, der Putz blättert ab, möglicherweise muss das Dach komplett erneuert werden. Wann das passiert, ist unklar. “Wir verhandeln noch mit allen Beteiligten und suchen eine einvernehmliche Lösung”, erklärt Lothar Bix, Vorsitzender des Bauförderungsvereins St. Martin.

Dass es mit dem Erbprinzen in Sigmaringen zu einer Situation wie in Meßkirch käme, ist unwahrscheinlich. Dafür fühlt er sich zu wohl, sein Verhältnis zur Bevölkerung nennt er “sehr gut”. Er ist im Ort aufgewachsen und zur Schule gegangen. “Ich kann über die Straße laufen, ohne angeglotzt zu werden, ich kann mich völlig normal bewegen, und genieße trotzdem aufgrund der Dinge, die wir bewegen, Respekt.” Der Erbprinz gilt als hervorragender Saxofonspieler und tritt regelmäßig mit seiner Jazzband “Charly and the Jivemates” in Sigmaringen auf. Sein Onkel, Zweitgeborener und damit nicht erbberechtigt, handelte früher mit Eiern und wurde deswegen im Ort “Eierprinz” genannt. “Wir sind sicher in Sigmaringen die größte Touristenattraktion”, sagt der Erbprinz und kann damit nur sein Schloss meinen.

Die Hohenzollern haben in Sigmaringen definitiv noch Einfluss – die Zeiten einer fürstlichen Stadtherrschaft sind jedoch vorbei. “Ich glaube nicht, dass sich jemand hier die Monarchie zurückwünscht”, erklärt der Würstchenverkäufer Udo Gräser. 2005 lag die Wahlbeteiligung bei 76,5 Prozent, was in etwa dem Bundesdurchschnitt entspricht. Die Sigmaringer gehen nicht weniger gern zur Wahl als die anderen Deutschen – und leben ganz gut mit ihren Hohenzollern. Das schließt sich ja nicht aus.

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Foto: Milos Djuric

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Das große Schweigen http://www.wahlfahrt09.de/orte/das-grose-schweigen/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=das-grose-schweigen http://www.wahlfahrt09.de/orte/das-grose-schweigen/#comments Sat, 29 Aug 2009 21:00:36 +0000 Lu Yen Roloff http://www.wahlfahrt09.de/?p=2109

Die Bundeswehr in Sigmaringen from Milos Djuric on Vimeo.

Erschienen am 6. September 2009 auf Spiegel Online

SIGMARINGEN. “Raus aus Afghanistan”. Das Wahlplakat der Linken hängt direkt am Bahnhof von Sigmaringen, nur 150 Meter von der Cocktailbar Alfons X entfernt. Ein Appell an die Bundeswehrsoldaten, die dort an Sonntagabenden auf dem Rückweg zur Kaserne noch einen Absacker trinken?

Sigmaringen, das kleine Hohenzollernstädtchen mit seinen 17.000 Einwohnern, ist Standort des Stabs der 10. Panzerdivision. In dieser Bundeswehr-Einheit sind jene Soldaten beschäftigt, die bei den Auslandseinsätzen in Afghanistan und im Kosovo Minen entschärfen, Einheimische auf der Suche nach Waffen kontrollieren und den zivilen Aufbau militärisch absichern. Insgesamt sind in Sigmaringen 5000 Soldaten stationiert. Die “Bundis”, wie man sie freundschaftlich in Sigmaringen nennt, gehören zum alltäglichen Bild: Man trifft sie beim Arzt im Wartezimmer, beim Metzger, mit ihren Kindern beim Turnen. Die Bundeswehr gilt als bestens integriert – und sie ist einer der größten Arbeitgeber in der Stadt.

2010 werden die nächsten Einheiten der 10. Panzerdivision an den Hindukusch gehen, gerade bereiten sie sich auf den Einsatz vor. Gute Voraussetzungen für ein Gespräch mit den Sigmaringern über Afghanistan – hätte man denken können. Doch bei der Pressestelle der Division gibt man sich zugeknöpft: Keine Auskunft in Wahlkampfzeiten, Anweisung aus Berlin. Das ist selbst am Wahlfahrt09-Stand auf dem Leopoldplatz zu merken. Zu Füßen des benachbarten Reiterdenkmals sitzt ein kräftiger junger Mann, dessen Arme mit chinesischen Schriftzeichen tätowiert sind. Wo man die “Bundis” in der Stadt treffen kann? Der 21-Jährige, selbst als Berufssoldat für vier Jahre verpflichtet, gibt sich zurückhaltend: “Es ist schon rumgegangen, dass Sie hier sind. Wir dürfen nichts sagen, nichts zur Bundeswehr, nichts zur Politik. Befehl vom Generalmajor.” Tatsächlich verbietet das “Soldatengesetz” allen Soldaten politische Äußerungen über ihre Arbeit. Sie müssen politische Neutralität wahren – selbst, wenn sie sich in zivil bewegen.

“Von denen will keiner Krieg spielen”

Also recherchiert die Wahlfahrt09 am Nachmittag auf dem Flohmarkt. Die Bundis sind Väter, Freunde, Tennispartner und Arbeitgeber von zivilen Sigmaringern, fast jeder Passant hat also Erfahrungen mit Soldaten gesammelt. Ein junger Mann ist mit Soldaten befreundet, die in Afghanistan waren: “Die haben gesagt, dass es dort sehr langweilig ist, und dass sie es nur wegen des zusätzlichen Geldes machen. Von denen will keiner Krieg spielen.”

Zwar finden sich unter den Flohmarktbesuchern auch einige Sigmaringer, die nicht wissen, was die Deutschen “dort unten” verloren hätten. Doch einzig ein Heil-Eurythmielehrer hat einen Gegenvorschlag: Er würde humanitäre Einsätze lieber in der Hand von Nichtregierungsorganisationen wie “Ärzte ohne Grenzen” sehen.

Am Wahlfahrt09-Stand kommen wir mit Wolfgang Kopp ins Gespräch. Er war früher Brigadegeneral der 10. Panzerdivision, befehligte in dieser Funktion bis zu 10.000 Soldaten. “Afghanistan ist weit weg”, sagt er. “Das breite Interesse der Bevölkerung für Sicherheitspolitik ist nicht da, es interessieren andere Themen, die die Leute mehr drücken.” Das gelte selbst für Sigmaringen mit seinen vielen Soldaten. Kopp ist heute Landesvorsitzender der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik, die eine Diskussion über das deutsche Militär anstoßen will.

Mehrheit gegen militärische Einsätze

Ein schwieriges Kapitel, da laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts dimap im Juli 2009 nur noch ein Drittel der deutschen Bevölkerung militärische Einsätze befürwortet. So verzichten die großen Parteien bewusst darauf, das Thema Afghanistan im Wahlkampf ausführlich zu behandeln. “Wenn ich mit Politikern rede, sagen die, mit Sicherheitspolitik können sie keine Wahl gewinnen, höchstens wenn sie gegen Militäreinsätze sind”, sagt Kopp. Viele Politiker seien darüber hinaus genau so uninformiert wie die Bürger, würden “blind von der Farbe reden” und auf die eigene Partei und die Wähler schielen. Im Ergebnis würden Ziele und Mittel von Militäreinsätzen in der Öffentlichkeit weder breit noch ergebnisoffen diskutiert, kritisiert der Brigadegeneral a.D.

In Sigmaringen scheinen sich die Bundeswehr und die Zivilbevölkerung soweit vermischt zu haben, dass eine öffentliche Kritik nicht stattfindet. Gilt diese Harmonie auch auf der privaten Ebene?

Um endlich einen aktiven Soldaten zu treffen, fährt ein Team der Wahlfahrt09 abends auf eine Beachparty am Krauchenwieser See südlich von Sigmaringen. Feuchte Kälte zieht vom Wasser hinauf, um ein Feuer stehen Partygäste herum, Musik wummert. Während sich andere Gäste auf der Tanzfläche näher kommen, steht Soldat Stefan Bruck* bislang alleine mit seinen Kameraden da. “Mit den Frauen ist es schwierig”, gibt er zu. “Sobald man sagt, dass man Soldat ist, spürt man, wie viele auf Distanz gehen.” Bruck ist einer der Angehörigen der 10. Panzerdivision, war bereits zweimal in Afghanistan. Neulich in der Discothek “M-Park” sei eine Frau auf ihn zugekommen. Als sie erfuhr, dass er als Soldat in Afghanistan war, habe sie ihn beschimpft. Männer hätten ihn in der Disco bespuckt. “Die haben ein gutes Gespür dafür, wie wir aussehen”, sagt Stefan. Er meint sich und die anderen Soldaten.

Wie viele andere Soldaten ärgert es auch Bruck, dass er in Afghanistan für Deutschland seinen Kopf hinhält, und ihm dafür in der Heimat nicht gedankt wird. Schließlich war er für jeweils vier Monate in Afghanistan stationiert, litt an Lagerkoller, als er mit völlig Fremden in Wohncontainern zusammengewürfelt wurde: “Eine Art ‘Big Brother’, nur dass alle Grün tragen.” Über den Sinn des Einsatzes ist er sich nicht sicher. Einerseits sei die Gefährdung durch den Terrorismus tatsächlich da. Andererseits beobachte er, dass gewisse Einsätze den deutschen Eigeninteressen dienten. An dieser Stelle verstummt Bruck. Eigeninteressen an den afghanischen Energieressourcen? Der Soldat zuckt die Schultern und schaut vielsagend. Das Soldatengesetz verbietet ihm jede weitere Aussage.

Am nächsten Tag. Wenn der Sigmaringer Linke Rainer Kaltofen vom Afghanistan-Einsatz spricht, fallen die Worte “amerikanischer Terror”, “imperialistische Interessen” und der Vorwurf, dass der deutsche Militäreinsatz vom Interesse an den Ölreserven des Landes bestimmt sei. Die Linke bezeichnet den Afghanistan-Einsatz als “Krieg” und damit als verfassungswidrig, da die Bundeswehr durch das Grundgesetz nur zur Verteidigung Deutschlands berechtigt sei. Erst neulich, sagt der 64-jährige Futterhändler, habe ein Soldat irrtümlich eine Mutter und ihr Kind erschossen. Dass nach diesem “Mord” nicht Tausende auf die Barrikaden stiegen, sei ein “bezeichnendes Bild der Demokratie in der Bundesrepublik”.

Die Linke kann nicht punkten

Doch trotz dieser Kritik hat es selbst die Linke in Sigmaringen nicht geschafft, vor Ort mit der Afghanistan-Kritik Wähler zu werben, muss Kaltofen zugeben: “Die Linke ist hier in Hohenzollern nicht so personalstark, dass wir zu allem und überall Veranstaltungen machen können.”

Die 10. Panzerdivision ist seit sieben Jahren im Einsatz in Afghanistan. Seit 2002 wurden zusätzlich zum normalen Rüstungsetat 2,96 Milliarden Euro für den Isaf-Einsatz ausgegeben. Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich in den vergangenen Jahren sogar drastisch verschlechtert, und die politischen Strategien des zivilmilitärischen Wiederaufbaus betreffen Hunderte Soldaten im Landkreis Sigmaringen. Trotzdem ist Afghanistan in Sigmaringen kein Thema.

Brigadegeneral a.D. Wolfgang Kopp will das ändern. Er plant mit seiner Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik im Herbst Veranstaltungen zum Thema, hat dafür bereits eine Entwicklungshelferin aus Afghanistan eingeladen. Ihre Erfahrungen mit den Zuständen vor Ort sollen die Diskussion über Sinn und Unsinn des Einsatzes anregen.

Doch dann ist die Wahl bereits entschieden.

*Name geändert

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Tagebuch: Sigmaringen galore http://www.wahlfahrt09.de/tagebuch/sigmaringen-galore/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=sigmaringen-galore http://www.wahlfahrt09.de/tagebuch/sigmaringen-galore/#comments Sat, 29 Aug 2009 17:40:22 +0000 Malte Göbel http://www.wahlfahrt09.de/?p=1667 29082009_tagebuch

Foto: Milos Djuric

Sigmaringen empfängt uns mit reichhaltigem Frühstück und viel Sonne – Hohenzollernwetter nennt man das hier, lernen wir. Dank tatkräftiger Hilfe der Gastgeber können wir uns mit Tisch und Sonnenschirm in der Fußgängerzone aufbauen, als erfolgreiche Platzhalter, bis am Nachmittag der der Wahlfahrt-Wagen aus Konstanz eintrifft.

Tagsüber Stadt kennenlernen. Als Stringer konnten wir die Journalistin Ute Korn-Amann von der Schwäbischen Zeitung gewinnen, die uns rumführt und Leuten vorstellt. Über Gastgeberkontakte bekommen wir spontan noch einen Termin beim Landrat, vielen Dank an Frau Gaerte an dieser Stelle für die Vermittlung! Paula besichtigt das Schloss, Anwohner schauen beim Stand vorbei, nachmittags noch ein Termin beim stellvertretenden Bürgermeister Herrn Aßfalg.

Sonst ist Sigmaringen ein recht lauschiges Städtchen: Oben ragt majestätisch das Hohenzollern-Schloss, an dessen Fuß drängt sich ein Ort mit Fußgängerzone. Hier sind lauter Hoflieferanten, wie Hofapotheke, Hofbäckerei und Hoftheater. Vom Rathaus guckt grimmig Sigmaringens sagenhafter Gründer Ritter Sigmar in die Gegend. Man könnte meinen, er schaue zum Schloss, doch die Wahrheit sei aber, dass er auf einen Tisch des Café Seelos starre, weil dort der Lieblingsplatz des Bildhauers gewesen sei. Wobei wir angesichts der Kaffee-Qualität den grimmigen Blick nicht nachvollziehen können.

Bei Streifzügen durch die Stadt entdecken wir oberhalb der sehr engen, nach einem, sagen wir: “kräftigen” französischen Feuerwehrmann benannten Treppe “Escalier Jean-Pierre le fort” (ob er stecken blieb oder nicht ist allerdings umstritten), ein blödes Graffiti mit einem stilisierten Grinse-Hitler (den man für Adbusting oder ironisch halten könnte, wenn nicht daneben dumpfe Nazi-Parolen geschmiert wären), kommen an Sigmaringens Tätowierladen mit dem bezeichnenden Namen “Aua-Studio” vorbei, bestaunen die Wiege des Heiligen Fidelis, in der alle Sigmaringer Kinder geschaukelt werden (sollten), weichen Fahrradtouristen aus und spucken in die Donau, unter der uns Geheimgänge versprochen werden, von denen dann aber doch wieder niemand etwas gewusst haben will. Doch dass es sie gibt, ist für uns klar: Allzu märchenschlossartig ragt Schloss Hohenzollern über der Donau empor.

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“Klimaschutz spielt im Wahlkampf eine zu kleine Rolle” http://www.wahlfahrt09.de/menschen/klimaschutz-spielt-im-wahlkampf-eine-zu-kleine-rolle/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=klimaschutz-spielt-im-wahlkampf-eine-zu-kleine-rolle http://www.wahlfahrt09.de/menschen/klimaschutz-spielt-im-wahlkampf-eine-zu-kleine-rolle/#comments Sat, 29 Aug 2009 09:03:09 +0000 Lu Yen Roloff http://www.wahlfahrt09.de/?p=1773 Sigmaringen_Gehrhard_Stumpp

Foto: Milos Djuric

SIGMARINGEN. Gerhard Stumpp (52) ist Oberstudienrat und Stadtrat der Grünen in Sigmaringen. An der Liebfrauenschule leitet er die Solar-AG.

“Ich ärgere mich darüber, dass das Thema Klimaschutz im Wahlkampf eine zu geringe Rolle spielt und die CDU und die FDP die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke fordern. Ich halte das nicht für einen Beitrag zum Klimaschutz, weil damit Investitionen in neue Energien verlangsamt werden.

Die CDU und FDP verstehen sich als Parteien mit Wirtschaftskompetenz. Solange Atomstrom produziert wird, gibt es jedoch weniger Anreize für potenzielle Investoren, in regenerative Energien zu investieren. Deswegen verhalten sich CDU und FDP in der Frage der neuen Energien als Investitionsverhinderungsparteien. Meiner Meinung nach kommt das daher, dass es zu enge Verflechtungen zwischen diesen Parteien und den großen Energieversorgern gibt. Darüber hinaus spielt das Zwei-Grad-Ziel des Klimaschutzes praktisch keine Rolle im Wahlkampf – und das obwohl die Bundeskanzlerin dieses Ziel 2007 in Heiligendamm propagiert hat und es beim G8-Gipfel in L`Aquila bestätigt hat.

Ich finde das deswegen schlimm, weil der Klimaschutz das Thema des 21. Jahrhunderts ist und eine Überlebensfrage für die Menschheit. Die Ähnlichkeit der Klimaschutz-Problematik mit der Finanzkrisenproblematik ist, dass man für kurzfristig große Gewinne langfristig hohe Gemeinschäden in Kauf nimmt. Es hat mir noch niemand sagen können, wie hoch die personellen und sächlichen Kosten der Atommüllentsorgung in den nächsten hundert, tausend und hunderttausend Jahren sein werden. Aber diese Kosten entstehen und die überlassen wir unseren Kindern und Enkeln und deren Nachkommen. Das ist unverantwortlich. Es drängt sich der Gedanke auf, dass das vorläufige Endlager Asse zum Modell weiterer Endlager wird, am Schluss muss die öffentliche Hand die immensen Kosten tragen.

Ministerpräsident Oettinger von Baden-Württemberg hat vor zwei Tagen in Straßberg bei einer Wahlkampfveranstaltung nach Berichten der Schwäbischen Zeitung eine schwarze Designer-Unterhose geschenkt bekommen mit der sinngemäßen Aufschrift: Sie wissen ja gar nicht, wieviel Liebe darin steckt… Hier verkommt der Wahlkampf meiner Meinung nach zu einer Art Unterhaltungsklamauk. Und in so einer Atmosphäre kann man nicht die drängenden Probleme diskutieren.

Ich selbst bin Gymnasiallehrer. Wenn Schule die Kinder auf ihr Leben vorbereiten soll, dann muss das Thema Klimaschutz ganz vorne auf die Agenda der Schulen. Deswegen fordere ich ein eigenes Unterrichtsfach „Verantwortung Klima“.

Der Ausstieg aus der Atomenergie muss gemäß der Ausstiegsvereinbarung zwischen der ehemaligen Rot-Grün-Regierung und den großen Energieversorgern erfolgen. Die regenerativen Energien müssen zügig ausgebaut werden. Im Strombereich sollte man bis 2020 zwischen 30 und 47% regenerativ gewinnen – und bis 2050 muss man 80 % des CO2-Ausstoßes von heute beseitigt haben. Gegenüber der Zeit von 1850 darf sich das Klima nicht mehr als zwei Grad erwärmen – davon haben wir 0,75 Grad schon erreicht. Jeder Mensch darf mittel- bis langfristig nicht mehr als zwei Tonnen CO2 im Jahr verursachen, momentan sind es noch mehr als zehn Tonnen CO2 pro Bundesbürger. Das Ganze muss mit einer Bildungsinitiative begleitet werden, sonst sind diese Ziele nicht erreichbar.”

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Tagebuch: Endlich wieder Bettdecken http://www.wahlfahrt09.de/tagebuch/endlich-wieder-bettdecken/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=endlich-wieder-bettdecken http://www.wahlfahrt09.de/tagebuch/endlich-wieder-bettdecken/#comments Fri, 28 Aug 2009 21:29:21 +0000 Paula Scheidt http://www.wahlfahrt09.de/?p=1634 27082009_tagebuch
Foto: Milos Djuric

Schwäbische Maultaschen, Brät und ein kühles Bier: Besser hätte der Empfang in Sigmaringen nicht sein können. Netterweise beherbergen uns hier Maltes Verwandte. Beim Abendessen erfuhren wir von ihnen auch gleich die historischen Eckdaten, den wichtigsten Klatsch und die seltsamsten Bräuche. So wissen wir nun, dass jeder Mann, der hierher zieht, „gebräutelt“ wird: Die Sigmaringer tragen ihn mit viel Trara auf einem Baumstamm durch den Ort. Zum Glück gilt das nicht für uns Besucher!

Leider waren Bauwagen und Autos auch gestern noch unbeweglich. Der Kurier, der den Ersatzschlüssel bringen sollte, hatte sich in der Adresse geirrt! Deshalb konnten nur drei von uns abfahren. Zusammen mit Großfamilien, Schulklassen und Berufspendlern quetschten wir uns zwei Stunden lang in die Schwarzwaldbahn. Und trafen fast gleichzeitig mit unserem Neuzugang Malte in Sigmaringen ein.

Unsere abendliche Redaktionskonferenz war dann sehr konstruktiv – nicht nur dank des gut gefüllten Magens, sondern vor allem weil Malte so gründlich und kreativ vorrecherchiert hatte. Schnell stießen wir auf jede Menge interessanter Fragen: Reden wirklich alle Sigmaringer den Erbprinzen mit „Eure Durchlaucht“ an? Finden wir noch Spuren von den Franzosen, die hier während des Zweiten Weltkrieges gelebt haben? Wird bei der Bundeswehr jemand bereit sein, mit uns zu sprechen?

Und dann: Endlich mal wieder in einem echten Bett schlafen!

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Afghanistan auf dem Flohmarkt von Sigmaringen http://www.wahlfahrt09.de/geschichten/afghanistan-auf-dem-flohmarkt-von-sigmaringen/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=afghanistan-auf-dem-flohmarkt-von-sigmaringen http://www.wahlfahrt09.de/geschichten/afghanistan-auf-dem-flohmarkt-von-sigmaringen/#comments Fri, 28 Aug 2009 14:52:39 +0000 Lu Yen Roloff http://www.wahlfahrt09.de/?p=2439

Slideshow von Milos Djuric (Foto) und Lu Yen Roloff (Audio)

SIGMARINGEN. Afghanistan ist weit weg. Aber in Sigmaringen gibt es viele Soldaten, die von der dort stationierten 10. Panzerdivision nach Afghanistan geschickt werden. Die Soldaten sind Väter, Freunde, Tennispartner und Gatten von Sigmaringern. Einige verbringen hier ihren Ruhestand. Die Wahlfahrt09 hörte sich auf dem Flohmarkt der Stadt um, was diese Menschen über den Afghanistaneinsatz der Bundeswehr denken.

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