Wahlfahrt09 » Leidingen http://www.wahlfahrt09.de Mon, 03 May 2010 15:28:35 +0000 en hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.2.1 Grenzenloser Durchblick in Leidingen http://www.wahlfahrt09.de/orte/grenzenloser-durchblick-in-leidingen/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=grenzenloser-durchblick-in-leidingen http://www.wahlfahrt09.de/orte/grenzenloser-durchblick-in-leidingen/#comments Sat, 05 Sep 2009 21:39:29 +0000 Ulrike Linzer http://www.wahlfahrt09.de/?p=3283 Foto: Lu Yen RoloffFoto: Lu Yen Roloff

LEIDINGEN. Warum verläuft eine Bundesgrenze mitten durch ein kleines Dorf? Wie lebt es sich in einem Ort mit zwei Sprachen und zwei Nationen? Um das herauszufinden, ist die Wahlfahrt09 in den äußersten westlichen Zipfel von Deutschland gefahren, 30 Kilometer von Saarbrücken.

Von Ulrike Steinbach und Ulrike Linzer

In Leidingen wohnen auf der einen Seite 192 Deutsche, auf der anderen 28 Franzosen. Getrennt durch eine schmale Asphaltstraße, die zwei Namen hat: „Neutrale Straße“ und „Rue de la Frontière“. Um mehr zu erfahren über diese beiden Dörfer Deutsch-Leidingen und Französisch-Leiding, über die Grenze in dem Dorf, wie die Menschen hier ticken und wie sie wählen, verabreden wir uns zu einem Spaziergang mit Alfred Gulden und Wolfgang Schmitt.

Gulden ist Filmemacher aus der Region. Für seinen Film „Grenzfall Leidingen“ bekam er 1983 den deutsch-französischen Journalistenpreis. Zusammen mit Ortsvorsteher Schmitt plant er jetzt ein Kunstprojekt: „Grenzblick“. Auf einer Streuobstwiese hinter der Kirche auf deutscher Seite, von der man auf eine sanfte Hügellandschaft und hinüber auf die nur wenige hundert Meter entfernte französische Kirche gucken kann, erläutern die beiden ihre Pläne.

Neben beiden Kirchen soll jeweils ein Fenster aus Stahl stehen, viereinhalb Meter hoch und fünfeinhalb breit, aus einer Werkshalle der Dillinger Hütte. „In dem Stahlwerk arbeiten Deutsche und Franzosen zusammen“, erzählt Schmitt. Er selbst ist in der Kommunikationsabteilung der Fabrik. Gulden und Schmitt wollen auf Verbindendes zwischen beiden Ortsteilen und beiden Ländern hinweisen. Einen „grenzenlosen Durchblick“ sollen die Fenster schaffen, erklärt Gulden.

Lange passten nicht einmal die Schläuche

Bisher leben die Bewohner eher aneinander vorbei, sagt Ortsvorsteher Schmitt. Klar, man kenne und grüße sich, „aber jeder macht sein Ding“. Die Franzosen fahren in den nächstgelegenen französischen Ort zum Supermarché, die Leidinger gehen auf der deutschen Seite einkaufen. “Wenn man an der Grenze lebt, grenzt man sich eher ab, als im Mischmasch zweier Kulturen zu verschwinden“, sagt auch Alfred Gulden. „Das hört sich für Leute aus den Bundesländern ohne Grenze erstmal komisch an. Aber es ist so.“ Alfred Gulden erinnert sich an die Dreharbeiten für seinen Leidingen-Film: Sein Team musste alle Genehmigungen für beide Länder haben. In Leidingen gab es zwar weder Schlagbäume noch Zollhäuschen, aber hier patrouillierten regelmäßig die deutschen Zöllner.

Immer sei die Region Spielball der Großmächte gewesen, sagt Schmitt. Mal französisch, mal deutsch. „Hier sieht man noch die Grenzsteine“, sagt er und zeigt auf einen zugewachsenen, verwitterten Stein am Rand der Asphaltstraße. Auf dem Wiener Kongress 1815 wurde die Grenze gezogen, auf dem Reißbrett. Seitdem ist Leidingen geteilt. Aber das scheint hier keinen zu stören. Die meisten Deutsch-Leidinger sprechen kein französisch, sagt Schmitt. Und bis vor kurzem passten die französischen Hydranten und deutsche Feuerwehrschläuche nicht zusammen, so dass im Falle eines Brandes auf französischer Seite die Wehr aus Bouzonville hätte kommen müssen. Dabei hat Leidingen eine eigene freiwillige Feuerwehr.

Bei den Kirchen gibt es eine Zweiteilung, jede Seite hat eine. Früher sei die Kirche auf der deutschen Seite zwar für ein Einzugsgebiet aus französischen und deutschen Dörfern zuständig gewesen, berichtet der Ortsvorsteher, doch im Nationalsozialismus hätten die Franzosen ihre eigene gebaut – damit die Bewohner nicht unter Nazi-Fahnen zur Kirche schreiten mussten.

Volksheld Lafontaine

Natürlich kommt das Gespräch der beiden bald auf Lafontaine. Und auf die letzen Landtagswahlen, als die Linkspartei 21,3% der Stimmen bekam. “Die Saarländer sind eben nicht besonders selbstbewusst”, seufzt Ortsvorsteher Schmitt. Und erklärt: Ein kleines Bundesland hat einen hervorgebracht, der ganz oben mitspielt, der ihnen zu Bekanntheit verhilft. “Das Saarland sieht auf der Landkarte aus wie eine kleine Wildsau, eingequetscht zwischen Rheinland-Pfalz und Frankreich”, sagt Schmitt. “Deshalb wählen sie einen so selbstbewussten Mann wie Lafontaine.” Und er glaubt, dass viele das wohl auch bei der Bundestagswahl tun werden.

Lafontaine ist in dieser Region verwurzelt. Alfred Gulden ist mit ihm befreundet, schon seit Schulzeiten. Sie sind beide in Saarlouis geboren, 15 Kilometer entfernt von Leidingen. Beide haben ihren Wohnsitz in der Region behalten. Gulden lebt im Nachbarort Wallerfangen, Lafontaine im acht Kilometer entfernten Oberlimberg.

Gulden deutet auf die hügelige Grenzlandschaft: “Hier sind wir oft spazieren gegangen.” Beide sprechen moselfränkisch, den Dialekt, den sowohl die Deutsch-Leidinger als auch die Französisch-Leidinger verwenden. Und das verbindet auch. Alfred Gulden erinnert sich, wie er mit Oskar auf dem Mirabellenbaum saß, wie sie in der Umgebung von Wallerfangen wandern waren und sich ständig Leute mit dem Politiker fotografieren lassen wollten. „Eine Frau hielt mit ihrem Auto an, und erzählte, dass ihre Großmutter bis zu ihrem Tod auf ihrem Nachttisch ein gerahmtes Bild von Lafontaine stehen hatte.“ Bewunderung klingt in Guldens Stimme mit.

Lafontaine, der Lokal-Held. Ob ihn auch die französischen Bewohner von Leidingen kennen und schätzen? Allzu sehr interessieren sie sich nicht für deutsche Politik, glaubt Wolfgang Schmitt. Umgekehrt verfolgen die Deutsch-Leidingen auch kaum, was drüben passiert. Das andere Land ist weit weg. Obwohl die Grenze nur eine Straße ist.

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Herr Schmitt, Oskar und die SPD http://www.wahlfahrt09.de/menschen/herr-schmitt-oskar-und-die-spd/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=herr-schmitt-oskar-und-die-spd http://www.wahlfahrt09.de/menschen/herr-schmitt-oskar-und-die-spd/#comments Sat, 05 Sep 2009 18:09:09 +0000 Malte Göbel http://www.wahlfahrt09.de/?p=1890 Wolfgang Schmitt, Ortsvorsteher Ihn-LeidingenFoto: Milos Djuric

LEIDINGEN. Bei der saarländischen Landtagswahl lagen SPD und Linkspartei fast gleichauf. Nicht schlimm, sagt der Leidingener Ortsvorsteher Wolfgang Schmitt (SPD). Er ist ist Lafontaine-Fan und hofft, dass die beiden roten Parteien langfristig gemeinsame Sache machen.

Als die Stimmen ausgezählt und sortiert waren, war die Überraschung im Wahlbezirk Ihn-Leidingen groß. Neben dem höchsten Stapel (CDU) lagen zwei etwas kleinere, aber gleich hohe Stimmzetteltürme: SPD und Linkspartei. CDU vorne, Linkspartei gleichauf – eigentlich ein Debakel für die SPD. Und eigentlich bitter für Wolfgang Schmitt, der als Ortsvorsteher mit SPD-Parteibuch bei den letzten Kommunalwahlen Zustimmungsraten um 70 Prozent hatte.

Doch Wolfgang Schmitt war nicht schockiert, im Gegenteil: Er freute sich. Denn im Geiste legte er die Stapel von SPD und Linkspartei aufeinander. “Zusammen war das viel mehr als die CDU”, sagt Schmitt.

Wolfgang Schmitt kommt von hier: Geboren in Ihn, Studium in Trier, dann wieder nach Ihn. Er arbeitet in der Kommunikationsabteilung der Dillinger Metallhütte und ist seit 15 Jahren Ortsvorsteher der Dörfer Ihn-Leidingen, die zur Gemeinde Wallerfangen gehören, Landkreis Saarlouis im Saarland. Schmitt hat etwas Vertrauenerweckendes in seiner sonoren Stimme. Im Gespräch berührt der hochgewachsene Mittfünfziger seinen Gegenüber gern an der Schulter, auch das schafft Vertraulichkeit. Er ist beliebt, Ihn und Leidingen haben ihn bei der letzten Wahl mit 80 bzw. 60 Prozent gewählt.

In der Gemeinde von Wallerfangen, zu der Ihn-Leidingen gehört,  lagen CDU und SPD in der Kommunalwahl gleichauf bei etwa 34 Prozent. Darum hat sich die SPD mit der Linkspartei verbündet, die zwölf SPD-Abgeordneten und die vier linken Gemeinderäte kooperieren in Sach- und Personalfragen. Man kennt sich – drei der vier Linken waren früher in der SPD. Wenn es nach Wolfgang Schmitt ginge, würden die Parteien noch enger zusammenarbeiten. So eng, dass am Ende nur noch eine Partei übrig bleibt. Dann wäre die Sozialdemokratie einig und stark – und auch Wolfgang Schmitt wäre mit sich versöhnt.

Denn seit Oskar Lafontaine 1999 aus der Politik ausstieg, seit er 2005 der Linkspartei beitrat und fortan gegen die SPD Wahlkampf machte – seitdem ist die sozialdemokratische Welt im Saarland gestört. Manche SPD-Mitglieder folgten ihrem vormaligen Parteichef und Ministerpräsident zur Linkspartei, andere waren noch wegen des Rücktritts enttäuscht und fühlten sich jetzt doppelt im Stich gelassen von dem Mann, dem sie einst folgten und vertrauten.

Wolfgang Schmitt ging es so. Bei ihm zeigt sich die Zerrissenheit vieler SPD-Mitglieder, beim Thema Lafontaine und Verhältnis zur Linkspartei. Denn wenn die Rede auf Oskar Lafontaine kommt, gerät der Ortsvorsteher ins Schwärmen. “Er hat mich absolut begeistert”, erzählt Schmitt und richtet seinen Blick in die Ferne, erinnert sich, wie er zu Studienzeiten in die SPD eintrat – wegen Lafontaine. “Der mag zwar ein Pfau sein, ein Politstar – aber er hat einfach Format und Ausstrahlung.” Schmitt erzählt von seinen Begegnungen mit dem damaligen SPD-Politiker, der nur acht Kilometer von Leidingen in Oberlimberg sein Haus gebaut hat. “Der fragt die Bauern über den Zaun, wie die Ernte war – aber nicht überkandidelt als Politiker, sondern man nimmt ihm ab, dass es ihn interessiert.” Schmitt erinnert sich auch an die Kanzlerkandidatur Lafontaines 1990, an den Anschlag auf Lafontaine – “Der wurde abgestochen wie ein Schwein. Aber er hat weitergemacht. Ein starker Mann.”

Lafontaines Rücktritt 1999 war für ihn wie für fast alle SPD-Mitglieder im Saarland ein Schock: “Wir haben ein Idol verloren.” Und auch politisch fehle seitdem ein Gegengewicht in der SPD: “Seitdem sind linke Positionen verloren gegangen in der SPD. Die Hartz-Reformen, die Rente mit 67 – Lafontaine hätte das nicht mitgemacht.” Auch das Engagement der Bundeswehr in Afghanistan hält Schmitt für falsch. “Wir verhalten uns wie Besatzer. Wenn ich Bilder von da sehe, bekomme ich auch Angst. Kein Wunder, dass die sich wehren.” In den großen politischen Fragen steht Wolfgang Schmitt also eher der Linkspartei nahe als seiner SPD. “Die Parolen von Lafontaine waren für mich nicht wahrnehmbar anders als vor 15 Jahren.”

Ist er damit nicht in der falschen Partei? Nein, sagt Schmitt. Er hat Vorbehalte gegenüber alten Seilschaften in der PDS/Linkspartei. “Ich traue den Kadern der Ex-DDR nicht”, erklärt er. Und er sei ein “Treuemensch”. So einfach könne er nicht die Partei wechseln, das sei dann “nicht mehr echt”.

Doch spricht für ihn nichts dagegen, dass sich SPD und Linkspartei nun in einer Koalition annähern und vielleicht bald noch enger zusammenarbeiten. Richtung gemeinsame Partei? Schmitt sagt:  “Ich würds gut finden.”

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Tagebuch: Adieu, Leidingen http://www.wahlfahrt09.de/tagebuch/adieu-leidingen/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=adieu-leidingen http://www.wahlfahrt09.de/tagebuch/adieu-leidingen/#comments Sat, 05 Sep 2009 17:41:53 +0000 Ulrike Linzer http://www.wahlfahrt09.de/?p=1878 Foto: Milos DjuricFoto: Milos Djuric

Wir verlassen das herbstliche Leidingen, durch das der Regen peitscht und Sturmböen die Gullideckel-Baustellenumzäunung wegfegen, leider schon nach zwei Tagen, da wir in Wiesbaden Termine haben. Eigentlich wären wir gerne noch geblieben, denn die Leidinger sind eine echte Herausforderung: Sie kommen kaum aus ihren Häusern und erst recht nicht zum Wahlfahrtstand. Nachdem einzelne Hundeausführer kurz Stopp machen, kommt für unseren Fotografen erst am Abend das Highlight: eine Mofatour mit Jugendlichen aus dem Ort. Er fotografiert vom Rücksitz.
Einen gepflegten Spaziergang unternehmen wir mit dem Schriftsteller und Liedermacher Alfred Gulden und dem Ortsvorsteher Wolfgang Schmitt, die ein gemeinsames Kunstprojekt über die Grenze planen. Gulden ist gewissermaßen Leidingen Grenz-Experte, er hat hier 1983 den preisgekrönten Dokumentarfilm “Grenzfall Leidingen” gedreht und viele Anekdoten zu erzählen. Er selbst stammt aus dem nahegelegenen Saarlouis und ist mit Oskar Lafontaine zur Schule gegangen. Noch heute ist er mit dem Parteivorsitzenden der Linken befreundet und erklärt die Mentalität der Saarländer und warum sie 21,3 Prozent Lafontaine gewählt haben – und nicht die Linkspartei.

Noch einmal vielen Dank an Herrn Schmitt, der uns vor Regen und Sturmböen bewahrt hat, und an Vereinschef Schäfer von der SG Ihn-Leidingen, der uns im Vereinsheim die Duschen aufschloss – und uns damit sehr glücklich gemacht hat. Das sind so Dinge, die man im komfortablen Homeoffice kaum zu schätzen weiß. Danke, danke, danke. Wenn wir jetzt Merci und Au revoir sagen, würden Herr Schmitt, Tasch und Co wahrscheinlich wieder lachen, wie bei unserem Bon Soir zur Begrüßung. Warum sie das so ulkig fanden, wissen wir bis heute nicht.

PS. Noch eine Korrektur von Malte Göbel zu unserem letzen Tagebucheintrag: Der “welsche Krieger” des Eintrags war in Wahrheit der Heilige Florian, der das Feuer löschte, anstatt es zu entflammen. Die antifranzösische Propaganda war auf einem kaum weniger pittoresken Bild daneben, das die Ruinen eines von den Franzosen gebrandschatzten Dorfes zeigte. Alle Feuerwehrleute unter den Leser_innen sowie Anhänger des Heiligen Florian seien hiermit um Verzeihung gebeten.

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Tagebuch: Bergfest in Leidingen http://www.wahlfahrt09.de/tagebuch/bergfest-in-leidingen/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=bergfest-in-leidingen http://www.wahlfahrt09.de/tagebuch/bergfest-in-leidingen/#comments Fri, 04 Sep 2009 09:41:32 +0000 Malte Göbel http://www.wahlfahrt09.de/?p=1867

Leidingen ist mit 220 Einwohnern der kleinste Ort, den wir auf der Wahlfahrt09 besuchen – und markiert auch gleichzeitig unser Bergfest: Die neunte unserer 18 Stationen, 23 Tage sind wir schon unterwegs, noch 23 Tage werden es sein.

Doch auch ohne diese von uns hierher getragenen Eigenschaften ist Leidingen ein besonderer Ort. Er ist geteilt, seit dem Ende der Napoleonischen Kriege 1815 – und so leben heute 192 Anwohner in Deutschland, 28 in Frankreich. Getrennt durch eine Straße, die auf der einen Seite “Neutrale Straße” heißt, auf der anderen “Rue de la Frontière”.

Wir werden auf dem Dorfplatz von Ortsvorsteher Wolfgang Schmitt und dem ehemaligen Feuerwehr-Chef Herrn Tasch empfangen, die uns nicht nur das Gemeindehaus zum Schlafen aufschließen (dankenswerterweise, denn Regen ist vorhergesagt), sondern auch nach Frankreich führen – zehn Meter weiter. Dort stehen wir, gehen in uns und fühlen: gar nicht viel anders.

Hier gab es nie ein Grenzhäuschen, werden wir informiert, nie einen Schlagbaum, nur mal motorisierte Patrouillen auf der Grenzstraße. Und bei der Schleier-Entführung hat der Bundesgrenzschutz alles abgeriegelt. Aber sonst laufen die Leute schon immer problemlos von Deutschland nach Frankreich, schon vor Schengen 1992, auch wenn sie damals eigentlich den Grenzübergang im Nachbardorf hätten benutzen müssen. Das Dorf hat zwei Kirchen, aber es feiert seine gemeinsamen Feste auch schon mal auf dem Grenzstreifen, wo dann das größte Festzelt der Welt aufgebaut wird (das von Frankreich bis Deutschland reicht).

In der Nacht schlafen wir im Gemeindesaal unter einem Gemälde, das wohl aus frankophoben Zeiten stammt: Ein etwas deppert guckender welscher Krieger mit Brokat um die Schultern und im Brustharnisch kippt eine Pulle Feuer (sic!) über einen saarländischen Hof, dessen Bewohner vergeblich zu löschen versuchen. Das Gemälde stellt die Bösartigkeit der Franzosen dar und fungiert so als Mahnmal: Früher gehörte Zwietracht gegenüber den Nachbarn zur deutschen Staatsräson, heute ist die Grenze nicht mehr als – eine Straße.

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