Wahlfahrt09 » Bundeswehr http://www.wahlfahrt09.de Mon, 03 May 2010 15:28:35 +0000 en hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.2.1 Wahlentscheidung an der Panzerfaust http://www.wahlfahrt09.de/menschen/wahlentscheidung-an-der-panzerfaust/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=wahlentscheidung-an-der-panzerfaust http://www.wahlfahrt09.de/menschen/wahlentscheidung-an-der-panzerfaust/#comments Mon, 21 Sep 2009 18:49:25 +0000 C. Salewski http://www.wahlfahrt09.de/?p=3023 Wismar_DrSschmidt

Foto: Milos Djuric

WISMAR. Der Tag, an dem sich für Joachim Schmidt entschied, wie er bei der Bundestagswahl 2009 abstimmen wird, liegt 64 Jahre zurück. Ein Wintermorgen 1945. Der 17-jährige Joachim Schmidt gräbt sich mit seinen Kameraden der Panzeraufklärungsabteilung Sechs an einem Waldrand in der Nähe von Dortmund ein. Späher haben am Vorabend kanadische Panzer gesichtet. Sie nähern sich schnell. Der Kompanieführer hält eine Rede. Die üblichen Durchhalteparolen. Schmidt hat Angst. Bisher kennt er den Feind nur in Form von Bomberflotten weit oben am nächtlichen Himmel.

Als Flakhelfer hatte man ihn ein Jahr zuvor aus dem Gymnasium heraus verpflichtet und nach Emden befohlen, genau in die Einflugschneise der Alliierten. Jeden Tag Alarm, häufig mehrfach. „Vom Bett an die Kanone in drei Minuten“, sagt Schmidt. Mit ihm kämpfen Kriegsgefangene der Roten Armee, die sich freiwillig gemeldet haben, um den furchtbaren Bedingungen der normalen Gefangenschaft zu entgehen. Nazis und Kommunisten feuern gemeinsam auf Alliierte. „Die Welt der Absurdität begann für mich eigentlich schon damals“, sagt Schmidt heute.

Als die kanadischen Panzer den Waldrand erreichen, ist alles schnell vorbei. Ein Gefecht zwischen den deutschen Gymnasiasten und den schwer bewaffneten Kanadiern kommt gar nicht erst zustande. Die deutsche Stellung wird einfach überrollt. „Ich habe meine Panzerfaust nicht abgefeuert, ich bin ja nicht bekloppt“, sagt Schmidt und tippt sich dabei mit dem Zeigefinger an die Stirn. Als er gefangen genommen wird, schwört er sich: Du fasst nie wieder ein Gewehr an. Daran hat er sich gehalten.

Pazifisten sind naiv, sagt die Politik

64 Jahre später sitzt Joachim Schmidt auf dem Marktplatz von Wismar und erklärt, nach welchen Kriterien er entscheidet, wen er wählen wird. „Aus meiner Biographie heraus ist für mich die Hauptfrage: Krieg oder Frieden? Ich bin gegen jede Gewaltanwendung.“ Erst vergangene Woche habe die Bundeswehr hier auf dem Platz einen Informationsstand aufgebaut. „Das ist wie bei uns 1943“, sagt Schmidt. Damals seien die Offiziere in die Schulen gekommen, um für die Wehrmacht zu werben, heute suche die Bundeswehr Nachwuchs für die Auslandseinsätze. Für den 82-Jährigen ist klar: „Wenn ich wähle, dann nur eine Partei, die Afghanistan beendet.“

Es gibt nicht wenige Leute, die würden solche Ansichten als etwas naiven Pazifismus abtun. Im Grunde sind alle Spitzenpolitiker der im Bundestag vertretenen Parteien solche Leute, mit Ausnahme der Linken. Für Joachim Schmidt ist der Pazifismus indes eine tiefe Überzeugung. Und er ist alles andere als politisch naiv.

Als Schmidt 1947 aus belgischer Kriegsgefangenschaft entlassen wird, geht er nach Wismar, weil dort Verwandte leben. 1950 macht er Abitur. Sein Vater ist Schuhmacher, also darf er studieren. „Das war so ein Extra-Programm für Arbeiter- und Bauernkinder“, sagt Schmidt. Er schreibt sich für Altphilologie ein, studiert etwas Philosophie und landet schließlich in der Germanistik. Er promoviert, wird Assistent am pädagogischen Institut. Dann ist Schluss, obwohl er in der SED ist. In seiner Stasi-Akte steht, er sei loyal, habe aber sozialdemokratische Ansichten. „Wenn man Professor werden wollte, musste man schon sehr nah an der Partei dran sein“, sagt Schmidt. Also arbeitet er fortan beim „Kinderbuch-Verlag“ in Berlin. Wie die meisten ostdeutschen Verlage wird auch dieser nach der Wende abgewickelt. Die wertvollen Lizenzen kaufen westdeutsche Verlage auf. Schmidt wird 1992 pensioniert.

Schnelle Urteile wird man von ihm nicht hören

Wenn Schmidt über die heutige Politik spricht, dann meist abfällig, aber theoretisch fundiert. Dass Barak Obama eine „demokratische Massenbewegung“, wie er es nennt, in Gang setzen konnte, fasziniert ihn. Vor allem, weil er damit das Urteil Hannah Arendts über die Radikalität der US-amerikanischen Verfassung bestätigt sieht. Ein Wort, das er häufig benutzt ist „differenziert“. Leute, die ihn beeindrucken, nennt er „hochgradig differenziert“. Es ist die höchste Auszeichnung, die er zu vergeben hat. Schnelle Urteile wird man von ihm nicht zu hören bekommen.

Heute wohnt Joachim Schmidt in einem Altersheim um die Ecke, „zwischen 80 Prozent Demenzkranken“, wie er sagt. Er selbst hält sich geistig fit, indem er zu Literatur-Lesungen geht und zum Philosophie-Kreis des Pastors. Er liest auch im hohen Alter viel: Bücher, philosophische Aufsätze, Zeitungen, auch wenn ihm selbst in der ZEIT oder der Süddeutschen Zeitung die Sprache und die Analyse oft zu spärlich, zu floskelhaft, zu undifferenziert ist.

Dr. Joachim Schmidt wird am 27. September wählen gehen. Er weiß über die Themen auf der politischen Agenda Bescheid, kennt die Argumente und die Programme der Parteien. Die Sonne verschwindet schon langsam hinter den hanseatischen Fassaden, als er sagt: „Es gibt heute Leute, die sind stolz darauf, dass ihre Söhne nach Afghanistan gehen.” Nach einer kurzen Pause schiebt er nach: „Damals waren die Toten auch alle Helden.“

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Tagebuch: Was ma von de Schwoben so lernt http://www.wahlfahrt09.de/tagebuch/was-ma-von-de-schwoben-so-lernt/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=was-ma-von-de-schwoben-so-lernt http://www.wahlfahrt09.de/tagebuch/was-ma-von-de-schwoben-so-lernt/#comments Sun, 30 Aug 2009 18:24:28 +0000 Moira Lenz http://www.wahlfahrt09.de/?p=1676 30082009_tagebuch

Foto: Milos Djuric

Jetztetle sim ma im Ländle, in Sigmaringen, zwische den Badenser un d Württemberger, genau gsagt bei den Hohenzollern. Des fällt au sofort auf, weil des Städtle nämlich überragt wird vom Schloss. Auf dr oine Seit. Auf dr andreren isch der Barras, die Bundeswehr. On dozwische äben s Städtle an dr Donau.

Erscht mol sin se net so interessiert, d Schwoba in Sigmaringen. Mischtrauisch sen se, ob mer a Partei wäret, was mer wellet und so woiter. Aber mit dr Zeit gat s scho, weil d Ute Korn-Amann von dr Schwäbische Zeitung über uns berichtet und dann kommet se, d Leut.

Am Samstig sogar in Massen, aber net wäge uns, do isch nämlich dr Kruschlmarkt gwä: Oimal em Jahr kommet fascht 10.000 Leut, um den Kruscht von de Sigmaringer z kaufe. Des isch ebbes, wo dem Schwob s Herz aufgeht: En Keller ko ma ufräume un no s Geld verdiene. Damit des dr Nachwuchs au glei lernt, derfet d Kinder umsuscht verkaufe in dr Apothekergass, des isch dann wie s Börsenspiel an dr Schule – fürs Läbe glernt.

Nachts isch au no was los, am Bahnhof im AlfonsX sitztet o paar nette Mädle un oine isch fascht scho a Berühmtheit: d Elli von Elli on Nelli, die sin grad bei Popstars. Wie s weiter got, derft se aber net soge, sonscht müscht se a Strof zahle – un des macht d r Schwob net gern. Schpäter sen ma no uf a Feschtle gonge, a Beachparty wie mo auf neudeutsch sagt. Aber net am Beach, sondern am Baggersee: Baggert isch da au worre, abr wir hän selbschtverständlich rescherschiert.

Ob ma a Zigarette kriege könnet, hän ma on jungen Mo gfragt: Er soi a Schwob, hatr drauf gsagt  – erscht nach vielem Bitten hot r oine härgäba. Au bei dr Bar wars net oifach: Pfand hän se gnomma für an Plaschtikbecherle wies billiger net soi ka. An Konditor-Lehrling hän ma no troffa, der hat viel gwißt übers Eckle: So au, dass dr Fürscht gern amol an Scheich do het zum Wildsau jage. Selber isch dr Jörg bei dr Freiwilligen Feuerwehr gwä: Katzen hän se no net vom Baum gholt, hat er verzählt. Aber d Pferd sen so bled, die müsstet se immer wieder us dr Donau ziega: Mit am Schlauch um Bauch un no and Leitr gbunde.

Glernt häm ma d Schparsamkeit vom Schwob: Umsuscht hän mr bei dr Tante Ute gschlofe und gschmaust – net gschimpft isch grad gnug globt!

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Das große Schweigen http://www.wahlfahrt09.de/orte/das-grose-schweigen/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=das-grose-schweigen http://www.wahlfahrt09.de/orte/das-grose-schweigen/#comments Sat, 29 Aug 2009 21:00:36 +0000 Lu Yen Roloff http://www.wahlfahrt09.de/?p=2109

Die Bundeswehr in Sigmaringen from Milos Djuric on Vimeo.

Erschienen am 6. September 2009 auf Spiegel Online

SIGMARINGEN. “Raus aus Afghanistan”. Das Wahlplakat der Linken hängt direkt am Bahnhof von Sigmaringen, nur 150 Meter von der Cocktailbar Alfons X entfernt. Ein Appell an die Bundeswehrsoldaten, die dort an Sonntagabenden auf dem Rückweg zur Kaserne noch einen Absacker trinken?

Sigmaringen, das kleine Hohenzollernstädtchen mit seinen 17.000 Einwohnern, ist Standort des Stabs der 10. Panzerdivision. In dieser Bundeswehr-Einheit sind jene Soldaten beschäftigt, die bei den Auslandseinsätzen in Afghanistan und im Kosovo Minen entschärfen, Einheimische auf der Suche nach Waffen kontrollieren und den zivilen Aufbau militärisch absichern. Insgesamt sind in Sigmaringen 5000 Soldaten stationiert. Die “Bundis”, wie man sie freundschaftlich in Sigmaringen nennt, gehören zum alltäglichen Bild: Man trifft sie beim Arzt im Wartezimmer, beim Metzger, mit ihren Kindern beim Turnen. Die Bundeswehr gilt als bestens integriert – und sie ist einer der größten Arbeitgeber in der Stadt.

2010 werden die nächsten Einheiten der 10. Panzerdivision an den Hindukusch gehen, gerade bereiten sie sich auf den Einsatz vor. Gute Voraussetzungen für ein Gespräch mit den Sigmaringern über Afghanistan – hätte man denken können. Doch bei der Pressestelle der Division gibt man sich zugeknöpft: Keine Auskunft in Wahlkampfzeiten, Anweisung aus Berlin. Das ist selbst am Wahlfahrt09-Stand auf dem Leopoldplatz zu merken. Zu Füßen des benachbarten Reiterdenkmals sitzt ein kräftiger junger Mann, dessen Arme mit chinesischen Schriftzeichen tätowiert sind. Wo man die “Bundis” in der Stadt treffen kann? Der 21-Jährige, selbst als Berufssoldat für vier Jahre verpflichtet, gibt sich zurückhaltend: “Es ist schon rumgegangen, dass Sie hier sind. Wir dürfen nichts sagen, nichts zur Bundeswehr, nichts zur Politik. Befehl vom Generalmajor.” Tatsächlich verbietet das “Soldatengesetz” allen Soldaten politische Äußerungen über ihre Arbeit. Sie müssen politische Neutralität wahren – selbst, wenn sie sich in zivil bewegen.

“Von denen will keiner Krieg spielen”

Also recherchiert die Wahlfahrt09 am Nachmittag auf dem Flohmarkt. Die Bundis sind Väter, Freunde, Tennispartner und Arbeitgeber von zivilen Sigmaringern, fast jeder Passant hat also Erfahrungen mit Soldaten gesammelt. Ein junger Mann ist mit Soldaten befreundet, die in Afghanistan waren: “Die haben gesagt, dass es dort sehr langweilig ist, und dass sie es nur wegen des zusätzlichen Geldes machen. Von denen will keiner Krieg spielen.”

Zwar finden sich unter den Flohmarktbesuchern auch einige Sigmaringer, die nicht wissen, was die Deutschen “dort unten” verloren hätten. Doch einzig ein Heil-Eurythmielehrer hat einen Gegenvorschlag: Er würde humanitäre Einsätze lieber in der Hand von Nichtregierungsorganisationen wie “Ärzte ohne Grenzen” sehen.

Am Wahlfahrt09-Stand kommen wir mit Wolfgang Kopp ins Gespräch. Er war früher Brigadegeneral der 10. Panzerdivision, befehligte in dieser Funktion bis zu 10.000 Soldaten. “Afghanistan ist weit weg”, sagt er. “Das breite Interesse der Bevölkerung für Sicherheitspolitik ist nicht da, es interessieren andere Themen, die die Leute mehr drücken.” Das gelte selbst für Sigmaringen mit seinen vielen Soldaten. Kopp ist heute Landesvorsitzender der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik, die eine Diskussion über das deutsche Militär anstoßen will.

Mehrheit gegen militärische Einsätze

Ein schwieriges Kapitel, da laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts dimap im Juli 2009 nur noch ein Drittel der deutschen Bevölkerung militärische Einsätze befürwortet. So verzichten die großen Parteien bewusst darauf, das Thema Afghanistan im Wahlkampf ausführlich zu behandeln. “Wenn ich mit Politikern rede, sagen die, mit Sicherheitspolitik können sie keine Wahl gewinnen, höchstens wenn sie gegen Militäreinsätze sind”, sagt Kopp. Viele Politiker seien darüber hinaus genau so uninformiert wie die Bürger, würden “blind von der Farbe reden” und auf die eigene Partei und die Wähler schielen. Im Ergebnis würden Ziele und Mittel von Militäreinsätzen in der Öffentlichkeit weder breit noch ergebnisoffen diskutiert, kritisiert der Brigadegeneral a.D.

In Sigmaringen scheinen sich die Bundeswehr und die Zivilbevölkerung soweit vermischt zu haben, dass eine öffentliche Kritik nicht stattfindet. Gilt diese Harmonie auch auf der privaten Ebene?

Um endlich einen aktiven Soldaten zu treffen, fährt ein Team der Wahlfahrt09 abends auf eine Beachparty am Krauchenwieser See südlich von Sigmaringen. Feuchte Kälte zieht vom Wasser hinauf, um ein Feuer stehen Partygäste herum, Musik wummert. Während sich andere Gäste auf der Tanzfläche näher kommen, steht Soldat Stefan Bruck* bislang alleine mit seinen Kameraden da. “Mit den Frauen ist es schwierig”, gibt er zu. “Sobald man sagt, dass man Soldat ist, spürt man, wie viele auf Distanz gehen.” Bruck ist einer der Angehörigen der 10. Panzerdivision, war bereits zweimal in Afghanistan. Neulich in der Discothek “M-Park” sei eine Frau auf ihn zugekommen. Als sie erfuhr, dass er als Soldat in Afghanistan war, habe sie ihn beschimpft. Männer hätten ihn in der Disco bespuckt. “Die haben ein gutes Gespür dafür, wie wir aussehen”, sagt Stefan. Er meint sich und die anderen Soldaten.

Wie viele andere Soldaten ärgert es auch Bruck, dass er in Afghanistan für Deutschland seinen Kopf hinhält, und ihm dafür in der Heimat nicht gedankt wird. Schließlich war er für jeweils vier Monate in Afghanistan stationiert, litt an Lagerkoller, als er mit völlig Fremden in Wohncontainern zusammengewürfelt wurde: “Eine Art ‘Big Brother’, nur dass alle Grün tragen.” Über den Sinn des Einsatzes ist er sich nicht sicher. Einerseits sei die Gefährdung durch den Terrorismus tatsächlich da. Andererseits beobachte er, dass gewisse Einsätze den deutschen Eigeninteressen dienten. An dieser Stelle verstummt Bruck. Eigeninteressen an den afghanischen Energieressourcen? Der Soldat zuckt die Schultern und schaut vielsagend. Das Soldatengesetz verbietet ihm jede weitere Aussage.

Am nächsten Tag. Wenn der Sigmaringer Linke Rainer Kaltofen vom Afghanistan-Einsatz spricht, fallen die Worte “amerikanischer Terror”, “imperialistische Interessen” und der Vorwurf, dass der deutsche Militäreinsatz vom Interesse an den Ölreserven des Landes bestimmt sei. Die Linke bezeichnet den Afghanistan-Einsatz als “Krieg” und damit als verfassungswidrig, da die Bundeswehr durch das Grundgesetz nur zur Verteidigung Deutschlands berechtigt sei. Erst neulich, sagt der 64-jährige Futterhändler, habe ein Soldat irrtümlich eine Mutter und ihr Kind erschossen. Dass nach diesem “Mord” nicht Tausende auf die Barrikaden stiegen, sei ein “bezeichnendes Bild der Demokratie in der Bundesrepublik”.

Die Linke kann nicht punkten

Doch trotz dieser Kritik hat es selbst die Linke in Sigmaringen nicht geschafft, vor Ort mit der Afghanistan-Kritik Wähler zu werben, muss Kaltofen zugeben: “Die Linke ist hier in Hohenzollern nicht so personalstark, dass wir zu allem und überall Veranstaltungen machen können.”

Die 10. Panzerdivision ist seit sieben Jahren im Einsatz in Afghanistan. Seit 2002 wurden zusätzlich zum normalen Rüstungsetat 2,96 Milliarden Euro für den Isaf-Einsatz ausgegeben. Die Sicherheitslage in Afghanistan hat sich in den vergangenen Jahren sogar drastisch verschlechtert, und die politischen Strategien des zivilmilitärischen Wiederaufbaus betreffen Hunderte Soldaten im Landkreis Sigmaringen. Trotzdem ist Afghanistan in Sigmaringen kein Thema.

Brigadegeneral a.D. Wolfgang Kopp will das ändern. Er plant mit seiner Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik im Herbst Veranstaltungen zum Thema, hat dafür bereits eine Entwicklungshelferin aus Afghanistan eingeladen. Ihre Erfahrungen mit den Zuständen vor Ort sollen die Diskussion über Sinn und Unsinn des Einsatzes anregen.

Doch dann ist die Wahl bereits entschieden.

*Name geändert

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Afghanistan auf dem Flohmarkt von Sigmaringen http://www.wahlfahrt09.de/geschichten/afghanistan-auf-dem-flohmarkt-von-sigmaringen/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=afghanistan-auf-dem-flohmarkt-von-sigmaringen http://www.wahlfahrt09.de/geschichten/afghanistan-auf-dem-flohmarkt-von-sigmaringen/#comments Fri, 28 Aug 2009 14:52:39 +0000 Lu Yen Roloff http://www.wahlfahrt09.de/?p=2439

Slideshow von Milos Djuric (Foto) und Lu Yen Roloff (Audio)

SIGMARINGEN. Afghanistan ist weit weg. Aber in Sigmaringen gibt es viele Soldaten, die von der dort stationierten 10. Panzerdivision nach Afghanistan geschickt werden. Die Soldaten sind Väter, Freunde, Tennispartner und Gatten von Sigmaringern. Einige verbringen hier ihren Ruhestand. Die Wahlfahrt09 hörte sich auf dem Flohmarkt der Stadt um, was diese Menschen über den Afghanistaneinsatz der Bundeswehr denken.

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„Sicherheitspolitik ist nichts für den Wahlkampf“ http://www.wahlfahrt09.de/menschen/%e2%80%9esicherheitspolitik-ist-nichts-fur-den-wahlkampf%e2%80%9c/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=%25e2%2580%259esicherheitspolitik-ist-nichts-fur-den-wahlkampf%25e2%2580%259c http://www.wahlfahrt09.de/menschen/%e2%80%9esicherheitspolitik-ist-nichts-fur-den-wahlkampf%e2%80%9c/#comments Thu, 27 Aug 2009 22:08:17 +0000 Lu Yen Roloff http://www.wahlfahrt09.de/?p=2391 P5260721

Foto: Milos Djuric

SIGMARINGEN -Wolfgang Kopp (63) ist Brigadegeneral a. D. Als stellvertretender Divisionskommandeur im Inland befehligte er bis zu 10.000 Soldaten. Er war zweimal in Auslandseinsätzen eingesetzt. Vor zehn Jahren als Chef des Stabes einer Division der SFOR mit ca. 7000 Soldaten in Bosnien und Herzegowina. Im Kosovo war er von 2004 bis 2005 als Stellvertetender Kommandeur der KFOR mit 16.000 Soldaten aus über 30 Ländern eingesetzt. Der ehemalige Panzersoldat bekam vor kurzem den französischen Verdienstorden „Légion d’Honneur“ für seine Leistungen in der deutsch-französischen Zusammenarbeit verliehen.

Die Linke macht im Moment Bundeswahlkampf mit dem Slogan „Raus aus Afghanistan“. Tatsächlich verstehen viele Menschen nicht, warum deutsche Soldaten im Ausland sterben sollen.

Afghanistan ist weit weg. Das breite Interesse der Bevölkerung für Sicherheitspolitik ist nicht da, es gibt andere Themen, die die Leute mehr drücken. Außerdem werden deutsche Sicherheitspolitik und damit auch Einsätze der Bundeswehr nicht breit diskutiert. Selbst in Sigmaringen werden die Auswirkungen trotz 2000 hier stationierten Soldaten nur am Rande wahrgenommen. Ein Ausstieg aus dem Auslandseinsatz in Afghanistan würde aus meiner Sicht aber in der Konsequenz bedeuten, dass wir aus dem NATO-Bündnis aussteigen würden. Hinter dem Slogan der Linken verbirgt sich nach meiner Meinung gleichzeitig eine Anti-Nato-Haltung. Aber wir Deutschen haben 40 Jahre vom Bündnis profitiert, indem Soldaten aus allen Ländern hier waren und für Deutschland eingestanden hätten. Jetzt ist unser Beitrag zur Solidarität gefordert.

Sie selbst waren 41 Jahre Soldat, waren vor zehn Jahren für zehn Monate bei SFOR und vor fünf Jahren im Kosovo als stellvertretender Kommandeur der KFOR eingesetzt. Wie beurteilen Sie mit Ihrer Erfahrung aus dem Kosovo den Einsatz in Afghanistan?

Ich halte den Einsatz in Afghanistan für richtig. Wenn man eine Gegend in der Welt identifiziert hat, von der Gefährdungen ausgehen, in der Terroristen in Lagern ausgebildet werden, Kofferbomben anzuwenden, und ideologisch das Gehirn gewaschen bekommen, dann muss man sich um solche Gegenden kümmern. Und kümmern heißt, dass man versucht, im Interesse der dortigen Bevölkerung stabile Verhältnisse herzustellen. Diese Aufgabe hat die NATO dort übernommen, in deren Rahmen die Bundeswehr dort tätig ist. Sie beteiligt sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten an Aufbau und Wiederaufbau. Das ist mit Militär aber nicht alleine zu machen. Aufbau, Wiederaufbau und die Herstellung stabiler innerstaatlicher Verhältnisse sind nicht zuerst Aufgaben des Militärs. Hier hat man eine politische Gesamtaufgabe und Verpflichtung übernommen, die im Bereich der Entwicklung des Landes noch sehr stark hinterher hängt.

Sicherheitspolitik wird aus dem Wahlkampf für gewöhnlich ausgeklammert, weil sich mit dem Thema kaum Stimmen gewinnen lassen. Woran liegt das?

Man muss ein schwieriges Kapitel aufschlagen, der politische Zuspruch für militärische Einsätze in Deutschland ist gespalten und liegt im Allgemeinen bei etwa 50%. Wir haben jetzt eine Bevölkerung, die an einem Mangel an Informationen leidet, die sich Urteile bildet, die auf ungewissem Boden stehen. Das gilt auch für die Parteien, die reden blind von der Farbe. Bei vielen Kritikern der Einsätze der Bundeswehr hat man das Gefühl, es ist ein Schuss Ideologie, Rücksicht auf die Strömungen der eigenen Partei und der Blick auf das eigene Wahlvolk.

Bei seinem Wahlkampfauftakt in Straßberg sprach Ministerpräsident Oettinger vom Militär als einer Schule, die den Charakter der Nation bilde. Was halten Sie von dieser Aussage?

Ich war nicht auf dieser Veranstaltung und teile eine derartige Aussage nicht, die im übrigen schon einmal vor langer Zeit als „Schule der Nation“ auftauchte. Ich bin zwar in der CDU, aber ich habe das in der Vergangenheit als junger Offizier für falsch gehalten und es wird durch diese Wiederholung in meinen Augen auch nicht richtiger. Die Armee ist nicht eine Schule der Nation oder eine Art Erziehungsanstalt, sondern wir kriegen im Gegenteil die „Produkte“ der Erziehung in der Gesellschaft so wie sie halt sind. Als Ausbilder können wir dann aus den Individuen ein Team, eine Einheit bilden, die im militärischen Sinne agieren kann. Aber am Wochenende fahren die Soldaten nach Hause und wir können und wollen nicht beeinflussen, welches Umfeld sie haben. Selbst wenn sie wollte: Die Bundeswehr kann es gar nicht so drehen, dass es zu einer gesamtgesellschaftlichen Erziehung im Sinne der Aussage von Herrn Oettinger kommen könnte.

Bedauern Sie das?

Da spielt auch eine falsche Vorstellung von der Bundeswehr hinein. Wir sind viel demokratischer organisiert, als das von außen den Eindruck macht. Das Militär hat eine Art gewerkschaftliche Vertretung, den Bundeswehrverband. Dieser wird mehr wahrgenommen als die Bundeswehr selbst und ist viel präsenter. Wir haben auf jeder Stufe Vertrauenspersonen und Gremien mit Beteiligungsrechten, die sich um Belange der Soldaten kümmern, wir haben den Wehrbeauftragen des deutschen Bundestages, eine Einrichtung, die fast kein anderes Land hat. Wir haben Gleichstellungbeauftragte. Ein solch kompliziertes Konstrukt in der Armee finden sie in keinem anderen Land. Ein französischer Soldat würde das nicht verstehen.

Sie sind selbst Mitglied der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik. Wie versuchen Sie das Thema Sicherheitspolitik in der Öffentlichkeit publik zu machen?

Wir sind eine parteiunabhängige Gesellschaft und kümmern uns um sicherheitspolitische Diskussionen, laden zu Kongressen ein. Unsere Mitglieder sind eher konservativ. Es ist schwierig, für Podiumsdiskussionen und Vorträge jemanden von Parteien zu bekommen, die eher kritisch sind, was die Bundeswehreinsätze angeht. Dabei denke ich, man muss in Deutschland eine ergebnisoffene politische Diskussion führen, die den Einsatz von Militär und anderer Mittel wie Entwicklungshilfe in Afghanistan behandelt. Das Ganze nennt sich jetzt „Vernetzte Sicherheit“, aber wenn Sie mal nachfragen kriegt das hier kaum einer auf die Schiene, auch die meisten Politiker nicht.

Wie müsste man Ihrer Meinung nach über das Thema sprechen?

Die Armee ist nicht in der Position, dass sie selbst diese offene Diskussion führen kann, das müssen andere. Hier ist politische Führung und Verantwortung zuerst gefragt. Ich könnte mir vorstellen, dass man das Thema in einer ruhigen politischen Phase breit diskutiert. Für den Wahlkampf ist es wohl nicht so geeignet. Politiker sagen meistens: Mit Sicherheitspolitik kann ich eine Wahl nicht gewinnen, höchstens wenn ich dagegen bin.

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