Wahlfahrt09 » Orte http://www.wahlfahrt09.de Mon, 03 May 2010 15:28:35 +0000 en hourly 1 http://wordpress.org/?v=3.2.1 Ohne mich http://www.wahlfahrt09.de/orte/landkreis-im-demokratischen-vorruhestand/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=landkreis-im-demokratischen-vorruhestand http://www.wahlfahrt09.de/orte/landkreis-im-demokratischen-vorruhestand/#comments Sun, 27 Sep 2009 21:25:09 +0000 Daniel Stender http://www.wahlfahrt09.de/?p=3514 BÖRDE. Im Landkreis Börde in Sachsen-Anhalt blieben 2005 mehr Wähler zuhause als sonst wo in Deutschland: 32 Prozent gingen nicht zur Wahl – aus Langeweile, Politikverdrossenheit, Protest und Verpeiltheit. Auch 2009 gibt es viele Wahlberechtigte, die nicht wählen wollen. Fünf Begegnungen mit Nichtwählern in der Kreisstadt Haldensleben.

Nein, er wird nicht wählen gehen, erklärt der gepflegte ältere Herr, der seinen Pudel zwischen den Reihenhäusern von Haldensleben spazieren führt. Er schickt sich an zu gehen – doch dann bricht es plötzlich aus ihm hervor: „Dieser Verbrecherstaat! Mit dem möchte ich nichts zu tun haben!“, schimpft er. „Von mir aus sollte man die Mauer wieder aufbauen!“ Zeternd zieht er von dannen – einer von vielen, die sich im Landkreis Börde in Sachsen-Anhalt in den demokratischen Vorruhestand verabschiedet haben. 2005 gab es hier mit 68 Prozent die bundesweit niedrigste Wahlbeteiligung. Und bei der Europawahl in diesem Jahr lag die Quote bei knapp 40 Prozent, weit über die Hälfte aller Wähler blieb also zu Haus. Und doch ist es auf den Straßen der Kreisstadt Haldensleben mehr als schwierig, einen Nichtwähler zu treffen, der bereit ist, seine Abstinenz zu erklären.

Bei 68% Wahlbeteiligung geht eben doch noch ein großer Teil der Bevölkerung zur Wahl. Und es scheint, als hätten die sich verabredet, um uns das vielfältige demokratische Haldensleben vorzuführen: Der freundliche Vater bei McDonalds, die ältere Dame am Wegesrand, der junge Mann, mit seinem aufgemotzten Auto, sie alle sind überzeugte Wähler, ausgestattet mit den besten Argumenten.

Aber wo sind sie dann, die Nichtwähler in Haldensleben? Warum wählen sie nicht? Und sind sie alle derart stereotyp-ostalgisch wie der Meckeropa mit dem Pudel?

„Ist doch egal, wen ich wähle“

Foto: Jörn Neumann

Foto: Jörn Neumann

„Politik interessiert mich herzlich wenig“, sagt die 18-Jährige Saskia Sperl, als wir sie nicht weit entfernt von den Reihenhäusern des Meckeropas treffen. Eigentlich ist sie die klassische Zielgruppe all der Kampagnen, die Jungwähler dazu bewegen wollen, die Bundestagwahl 2009 als ihr erstes Mal in Sachen aktiver Demokratie zu nutzen. Aber die Partei, die Saskia Sperls Interessen vertritt, müsste wohl noch gegründet werden: „Eine Partei wäre für mich dann wählbar, wenn sie Steuern, Praxisgebühr und hohe Benzinkosten abschaffen würde“, sagt sie. In der Schule hat sie mal ein Referat über die Grünen halten müssen: „Das war nicht so spannend, aber einiges war auch interessant“, erinnert sie sich. Generell ist sie der Meinung, dass sich durch Wahlen „eh nichts ändert. Ob ich wen wähle oder nicht, ist doch ganz egal.“ Für die angehende Bürokauffrau sind andere Sachen wichtiger: Am späten Samstagnachmittag ist sie gerade mit einer Freundin auf dem Weg in eine Eisdiele, am Sonntagmorgen will sie ausschlafen und den freien Tag genießen. Sagt sie und düst mit ihrem kleinen Auto davon.

„Im Grunde keine Wahl“

53 Jahre alt ist der Dachdecker, der am Rand einer malerischen Kleingartenanlage wohnt und gerade in seinem Hof vor sich hin werkelt. Seinen Namen möchte der Mann nicht nennen, auch will er nicht fotografiert werden. Nichtwählen scheint selbst in Haldensleben eine Sache zu sein, die man eher im Verborgenen tut: „Man wird schnell populär heutzutage“, sagt er skeptisch. Er will nicht wählen gehen, weil er der Meinung ist, dass er „im Grunde keine Wahl“ hat. Schließlich haben sich durch die Große Koalition beide Volksparteien einander inhaltlich angenähert; „Wähle ich die CDU, dann habe ich ein Übel, wähle ich SPD, dann habe ich es auch“, sagt er. Aber, betont er immer wieder, er sei kein unpolitischer Mensch, er informiere sich und habe sich seine Enthaltung gründlich überlegt: „Wenn ich am Wahlabend die Ergebnisse ansehe, dann habe ich ein ruhiges Gewissen. Denn egal, wer gewinnt, ich habe damit nichts zu tun.“

Drei große Fragezeichen auf dem Stimmzettel

Foto: Jörn Neumann

Foto: Jörn Neumann

Fernab der Schrebergartenidylle der Kreisstadt liegt die Hafenstraße – die Gegend hat in Haldensleben keinen guten Ruf. „Fragen Sie mal bei denen, die sich da hinter der Tankstelle an ihren Bierflaschen festhalten“, hören wir von den vielen engagierten Wählern und machen uns auf den Weg in die Schmuddelecke. Aber die Biertrinker hinter der Tankstelle wollen ihre Ruhe. Oder sie sind gar keine Nichtwähler. „NPD“, sagt einer und grinst. Wenige Schritte entfernt sieht Haldensleben schon wieder ganz anders aus: Im nahegelegenen Jugendclub findet ein Benefizkonzert statt, viele eher alternativ aussehende Jugendliche in Kapuzenpullovern treffen sich hier mit Freunden. Die 28-jährige Kate ist Sozialpädagogin, sie hat die Konzerte im Jugendclub mitorganisiert. „Ich sehe in dieser Parteienlandschaft für mich keine Alternative“, sagt sie. Daher will sie „drei große Fragezeichen“ auf ihren Stimmzettel malen und ihn so ungültig machen. „Aber meine Stimme wird so schon gezählt und kommt nicht der NPD oder irgendeiner radikalen Partei zugute“, erklärt sie. Kate geht also zur Wahl, aber nur, um ihrem Protest gegen die vorhandenen Wahlmöglichkeiten Ausdruck zu verleihen. In den letzten Jahren hat Kate an den Wahlen teilgenommen: „Irgendwann in meinem Leben werde ich schon mal wieder wählen gehen“, sagt sie. In diesem Jahr aber ist sie nur indirekt dabei.

Nicht wählen, weil unterwegs

Foto: Jörn Neumann

Foto: Jörn Neumann

„Wir sind zu Besuch bei unseren Schwiegereltern“, sagen B. Sonnabend und G. Bertram. Wir treffen das junge Paar (23 und 20 Jahre alt) mit ihrem neun Wochen alten Sohn vor einem Altersheim im Stadtteil Alt-Haldensleben, wo die Stadt langsam in die sanften Hügel der Bördelandschaft übergeht. Die beiden stammen aus Lehrte bei Hannover und können nicht wählen gehen, weil sie unterwegs sind. „Wir haben zwar die Unterlagen zur Briefwahl bekommen, aber ich habe die weggeworfen“, sagt B. Sonnabend – es habe eben niemand gewusst, fügt die junge Frau hinzu, dass sie ausgerechnet am 27. September nach Haldensleben fahren würden. Sonst wären sie mit Sicherheit zur Wahl gegangen. „Immerhin“, sagt G. Bertram, „die Schwiegereltern sind gerade unterwegs zum Wahllokal.“

„Politiker sind scheiße“

Foto: Jörn Neumann

Foto: Jörn Neumann

Vado Manuel darf an der Wahl gar nicht teilnehmen: Er hat keinen deutschen Pass. Wir treffen den 18-Jährigen vor dem Lidl im Industriegebiet von Haldensleben. Vado Manuel wartet hier mit seinem 17-jährigen Cousin, die beiden telefonieren, albern herum und verbreiten mit ihren weiten Baseball-Klamotten etwas Hip-Hop-Flair auf dem öden Parkplatz. „Politik sollte sich dafür einsetzen, dass auch Ausländer die gleichen Rechte haben wie Deutsche“, sagt Vado Manuel. Seit 16 Jahren wohnt Vado Manuel in Deutschland und hat noch immer keinen deutschen Pass, obwohl er zu seiner afrikanischen Heimat viel weniger Bezug hat als zu Deutschland. Zur Zeit macht er eine Ausbildung zum Koch – die Lehre macht Spaß, sagt er. Selbst wenn er an der Bundestagswahl teilnehmen könnte, würde er aber nicht mehr wählen gehen: „Politiker sind scheiße“, sagt er: „Die machen Versprechen, die sie nicht halten.“ Er hat lange gehofft, dass ihm die Politik einen Pass verschaffen würde. Nun würde er aber nicht mehr wählen gehen, selbst wenn er dürfte. Das erste Mal Demokratie fällt für ihn auf jeden Fall aus.

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Auf der Jagd nach den verlorenen Stimmen http://www.wahlfahrt09.de/orte/auf-der-jagd-nach-den-verlorenen-stimmen/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=auf-der-jagd-nach-den-verlorenen-stimmen http://www.wahlfahrt09.de/orte/auf-der-jagd-nach-den-verlorenen-stimmen/#comments Sun, 27 Sep 2009 18:54:09 +0000 Jörn Neumann, Daniel Poštrak http://www.wahlfahrt09.de/?p=3668 BÖRDE. Nicht nur die OSZE sendet Wahlbeobachter aus, um die Bundestagswahl 2009 zu überprüfen und damit mögliche Unregelmäßigkeiten aufzudecken. Auch das Wahlfahrt09-Team macht sich auf, verloren gegangene Stimmen zu finden.

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Mann & Politik http://www.wahlfahrt09.de/orte/politisierende-manner/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=politisierende-manner http://www.wahlfahrt09.de/orte/politisierende-manner/#comments Fri, 25 Sep 2009 14:40:31 +0000 Daniel Stender http://www.wahlfahrt09.de/?p=3420 20090924_magdeburg
MAGDEBURG. Der politisierende Mann ist ein treuer Begleiter der Wahlfahrt 09, zwar ändert er mit dem jeweiligen Bundesland seinen Dialekt oder sein Aussehen, aber vom Wesen her bleibt er überall gleich. Ob in Fußgängerzonen, auf Marktplätzen oder Raststätten – überall schlendert der politisierende Mann umher. Immer ist er bereit, den Zeigefinger aus der Hosentasche zu erheben, immer ist er empört, immer ist er beleidigt. Er ist mittleren Alters und eilt zielstrebig auf den Wagen der Wahlfahrt zu. Er grüßt, holt Luft und hört nicht mehr auf zu reden. Das Thema: „Politik“, der Tenor: „Alle korrupt, alles Abzocker.“

Nichts gegen diese Meinung an sich, aber warum sind es immer nur Männer, die zum politisierenden Schwadronieren neigen? Warum keine Frauen? Reden Männer über Politik, während Frauen besseres zu tun haben? Reden Frauen nicht über Politik und werden so Bundeskanzlerin?

An einem ganz normalen Wochentag haben wir daher eine Umfrage unter den Frauen Magdeburgs gemacht und sie gefragt, was ihre Themen bei der Bundestagswahl sind, wer ihre Interessen vertritt. Und warum Männer so gern über Politik reden.

Audio-Umfrage unter Frauen aus Magdeburg (Daniel Stender), Impressionen der Stadt (Jörn Neumann)

Außerdem haben wir uns an eine Expertin auf diesem Gebiet gewandt und ein Interview mit der Politikwissenschaftlerin Bettina Westle geführt. Sie lehrt und forscht an der Philipps-Universität Marburg, unter anderem über Geschlecht und politische Teilhabe.

Warum reden Männer immer so viel mehr und so viel lieber über Politik?

Männer werden immer noch anders sozialisiert – politiknäher. Es wird ihnen schon von der Erziehung her einfacher gemacht, sich so zu exponieren. Außerdem spielen auch die Lebensumstände eine Rolle, die bei Männern durch ihre Arbeit häufiger politiknah, bei Frauen im Fall von dominanter Familien- und Hausarbeit eher politikfern sind. Daher beteiligen sich Frauen im Durchschnitt weniger bei der klassischen Parteipolitik, auch weniger bei „harten“ Themen wie der Verteidigungs- und Wirtschaftspolitik. Stattdessen widmen sie sich eher „weichen“ Themen wie Bildung oder Familienpolitik. Aber beide Geschlechter interessieren sich stark für die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen.

Ist das nicht ernüchternd – nach 30 Jahren feministischer Politik?

Das sind mit Sicherheit nicht die Ziele, mit denen feministische Politik vor 30 Jahren angetreten ist. Wobei man nicht vergessen sollte, wie ernüchternd die Ausgangsbedingungen für feministische Politik vor 30 Jahren waren. Insofern hat sich schon etwas geändert. Besonders bei den Frauen – sie sind mehr in Männerdomänen vorgedrungen. Männer hingegen eher nicht, häusliche Arbeit beispielsweise machen fast immer noch nur Frauen. Insgesamt aber ist die Situation durchlässiger als vor 30 Jahren.

Heißt das aber auch, dass der politisierende Mann, wie wir ihn auf der Wahlfahrt immer wieder an unserem Stand erlebt haben, eine aussterbende Art ist?

Ganz so schnell ändert sich eine Gesellschaft nicht. Außerdem kommt es auch auf die Gegend an, in der Sie sich gerade befinden. In einer Großstadt ist das sicher anders, wenn sie in Frankfurt am Main fragen, werden Sie andere Menschen treffen als in einer Kleinstadt.

Hat die Tatsache, dass eine Frau Bundeskanzlerin ist, einen Einfluss auf die Wahlentscheidung von Frauen?

Wir haben das für die letzte Bundestagswahl untersucht: Es gab damals schon Frauen, die überlegten, CDU zu wählen, um so eine Frau zur Kanzlerin zu machen. Aber für die Mehrheit standen die Sachthemen im Vordergrund. Wie das in diesem Jahr sein wird, ist natürlich spekulativ – aber wirklich Politik für feministisch orientierte Frauen hat die CDU nicht gemacht.

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Atom-Mutationen in Gorleben http://www.wahlfahrt09.de/orte/atom-mutationen-in-gorleben/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=atom-mutationen-in-gorleben http://www.wahlfahrt09.de/orte/atom-mutationen-in-gorleben/#comments Wed, 23 Sep 2009 17:03:28 +0000 Daniel Poštrak, Malte Göbel http://www.wahlfahrt09.de/?p=3333 WENDLAND. In Gorleben lagert Atommüll – die Strahlung macht den Leuten Angst, aber offizielle Stellen wiegeln ab: Gut abgeschirmt, sagen sie. Wir trauen dem Nuklearbraten nicht so recht und machen uns auf Spurensuche – mit fatalen Ergebnissen: Atom-Mutationen überall. Unser Fazit: Dit is jefährlich! Schnell wech!

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Gorleben und die Atomkraft http://www.wahlfahrt09.de/orte/gorleben-und-die-atomkraft/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=gorleben-und-die-atomkraft http://www.wahlfahrt09.de/orte/gorleben-und-die-atomkraft/#comments Wed, 23 Sep 2009 16:08:25 +0000 Daniel Poštrak, Malte Göbel http://www.wahlfahrt09.de/?p=3323 WENDLAND. Gorleben ist Kristallisationspunkt der Anti-Atom-Bewegung.  Das gesamte Wendland ist gegen die Lagerung von Atommüll, und man schimpft auf den Lagerungsort Gorleben: Die Leute dort seien pro Atomkraft, die Industrie habe Zustimmung mit einem Schwimmbad gekauft – also gucken wir uns mal um.

von Daniel Postrak und Malte Göbel

Gorleben ist abseits des Atommülls ein Dorf wie tausend andere. Doch das Zwischenlager ist immer präsent und sei es in Form von Polizeibussen an der Dorfstraße. Impressionen aus dem Ort, in dem der Castor wohnt.

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Fotos: Christian Salewski
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Schiffbruch für die Politik http://www.wahlfahrt09.de/orte/schiffbruch-fur-die-politik/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=schiffbruch-fur-die-politik http://www.wahlfahrt09.de/orte/schiffbruch-fur-die-politik/#comments Sun, 20 Sep 2009 23:49:23 +0000 Lu Yen Roloff http://www.wahlfahrt09.de/?p=3166 HAfen

Foto: Lu Yen Roloff

WISMAR. Deutschlandweit ist die Werftindustrie von der Wirtschaftskrise betroffen. Die Wismarer Wadanwerft ging im September insolvent. Seither sind in der Stadt 1200 Menschen vorrübergehend bei staatlichen Transfergesellschaften beschäftigt, das Werftgelände stillgelegt. Kurz vor der Wahl wurde nun die Werft an den russischen Investor Igor Jussufow verkauft. Wie kommt der Wahlkampf bei den Wismarern in dieser Situation an?

Wismar, die alte Hansestadt an der Ostsee. Touristengruppen schlendern langsam über den Marktplatz, auf dem die Wahlfahrt09 ihren Stand aufgebaut hat. Dass Wahlkampf ist, sieht man nicht – die Stadt, deren Zentrum zum Unesco-Weltkulturerbe gehört, hat sich, wie es in der Pressestelle heißt, aus „ästhetischen Gründen“ gegen jede Form von Werbung im historischen Zentrum entschieden. Erst in der so genannten „Welterbe-Pufferzone“ am Hafen beginnen die Plakatierungen der Parteien.
Wahlkampf fände in Wismar praktisch nicht statt, sagt auch Katharina Glücklich, Besitzerin eines kleinen Cafes in der Wismarer Altstadt. „Vielleicht werden mal irgendwo ein paar Fähnchen verteilt, mehr aber auch nicht.“ Generell sei die Stimmung jedoch wieder besser in der Stadt, seitdem der russische Investor Igor Jussufow die Werft für 40 Mio Euro gekauft habe. Laut Schätzungen der IG Metall Küste sollen von den rund 1200 Arbeitsplätzen in Wismar die Hälfte erhalten bleiben. Doch momentan liegt die Montagehalle der Wadan-Werft brach. Nur fünf Sicherheitsleute bewachen das Gelände, die anderen Mitarbeiter warten zuhause darauf, wie es weitergehen soll. Wie kann Wahlkampf in dieser Situation stattfinden? Und was denken die Wismarer Bürger über die Krise? Das Team der Wahlfahrt09 schwärmte in die Stadt aus und sprach mit den Wismarern über ihre Situation.

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Foto: Milos Djuric

Der stellvertretende Bürgermeister

Die Wege der kommunalen Politik in Wismar sind kurz und unbürokratisch. Ob die Oberbürgermeisterin von Wismar Rosemarie Wilcken (SPD) zu sprechen sei, wollte die Wahlfahrt telefonisch vom Pressesprecher der Stadt wissen. Der winkte aus seinem Bürofenster im dritten Stock des Rathauses den Wahlfahrern auf dem Marktplatz zu. Nein, Frau Wilcken sei leider verhindert, aber ihr Stellvertreter Thomas Beyer (SPD) sei da. Etwa eine halbe Stunde später kommt Beyer strammen Schrittes über den Marktplatz gelaufen und setzt sich zum Gespräch ans den Stand. Die Werftinsolvenz sei ein Schock für die Stadt gewesen, andererseits hätte Wismar schon mehrere Werftenkrisen überstanden, sagt er. In so einer Situation müssten sich die Parteien jetzt anstrengen, bei der Bevölkerung von Wismar zu landen. Besonders der Wahlkampf sei schwer: “Das Misstrauen der Leute gegenüber einfachen politischen Parolen ist zu spüren.“ Große Wahlkampf-Veranstaltungen würden erfahrungsgemäß gar nicht funktionieren. Auch könne ein Wahlkämpfer um die derzeitige wirtschaftliche Unsicherheit der Stadt nicht herumreden: „Die Leute wollen konkrete Aussagen, was aus dem Standort Wismar wird. Es bringt nichts, den Leuten das Blaue vom Himmel zu versprechen.“ Dennoch gibt er sich zuversichtlich: „Wir sind krisenerprobt. Die Stadt ist robust und wir können auf die Erfahrung aufbauen, dass sich Engagement lohnt.” Lena Gürtler und Christian Salewski

werftarbeiter site

Foto: Lu Yen Roloff

Der arbeitslose Schiffbauer

Zischend landen die Würste auf dem Grill vor den alten Kanuschuppen. Seit er arbeitslos ist, verbringt Thomas Fischer viel Zeit in seinem Kanuverein in Wendorf – Kinder trainieren, mit Freunden grillen, selbst aufs Meer rauspaddeln – alles, damit ihm nicht die Decke auf den Kopf fällt. Fischer erinnert sich an seine letzte Nachtschicht in der Montagehalle am 31. Juli. Die Fähre lag zu 85 % fertig im Wasser, am Bug der Schriftzug „Make good times“. In den versteckten Nischen unter Deck habe der ein oder andere ein Nickerchen gehalten – man war ohnehin nur noch pro forma da. Am Schichtende erfuhr Fischer, dass er am nächsten Tag nicht wiederkommen brauche: „Die hatten schlichtweg vergessen, uns Bescheid zu sagen“. Wie viele ehemalige Werftarbeiter wartet Fischer seither auf einen Brief der mit 20,5 Millionen Euro vom Land Mecklenburg-Vorpommern finanzierten Transfergesellschaft, wie es weitergehen soll. Er versuche, Kontakt zu anderen Arbeitslosen zu halten, gehe zu Veranstaltungen der IG Metall. Es gingen viele Gerüchte unter den ehemaligen Arbeitern herum: Dass bereits eine Liste feststünde mit 200 Personen, die wieder beschäftigt werden sollen. „Die Alten und Kranken, die werden aussortiert, klar.“ Fischer hofft auf gute Karten, schließlich sei er erst 40 Jahre alt. Doch Fischer denkt wie viele andere Wismarer, dass der neue russische Besitzer nur Know-How für die vom Unternehmen geplante Werft in St. Petersburg abziehen wolle: „Das wäre dann der Untergang für Wismar“. Die Politik interessiere sich nicht für die Werftarbeiter, ist sein Gefühl: “Opel ist der Regierung wichtiger gewesen.“ Und letztendlich könne sie auch nichts machen: „Die Firma ist Privatbesitz, der kann doch damit machen, was er will.“ Fischer wird die Linke wählen: „Momentan muss Deutschland einfach wachgerüttelt werden – und das kann weder die SPD noch die CDU.“ Lu Yen Roloff

Direktor

Foto: Lu Yen Roloff

Der ehemalige Direktor der Werft

Kleingartenkolonie „Hafenblick“ im Wismarer Stadtteil Wendorf. Dahinter ragt die große Montagehalle der stillgelegten Werft auf. Drei lang verheiratete Ehepaare sitzen bei Zwiebelkuchen und Bier in der Herbstsonne, darunter auch der ehemalige zweite Direktor der Werft. Der Senior kann eisern und mit verschränkten Armen über seinen Namen und seine früheren Aufgaben schweigen, „wegen meiner Frau“, wie er sagt. Die Werft sei zwar seit der Wende immer wieder in der Krise gewesen – aber die jetzige Stilllegung habe eine neue Qualität.
Doch der Wahlkampf gehe wenig auf die aktuelle Krise ein: „Die Plakate sind groß genug, was die wollen, steht drauf – aber was sie am Ende machen können, das kommt dann nach der Wahl“. Er erinnert sich gerne an die Zeit, als die Werft in Wismar nach 1946 als Schiffsreparaturbetrieb der Roten Armee aufgebaut wurde und die Einwohnerzahl der Stadt innerhalb von zehn Jahren von 42.000 auf 55.000 Menschen wuchs. Vor der Privatisierung beschäftigte die Werft noch 6000 Menschen, die Mitarbeiter produzierten auch den Strom und führten jede Reparatur selbst aus: „Davon brauchten wir 1000 Leute gar nicht“, sagt der ehemalige Direktor, „aber wir haben die so mitarbeiten lassen, die waren eingebunden.“ Statt den Menschen Hartz IV zu zahlen, sollte man doch wie damals den Betrieben das Geld geben – und dann eine Arbeitspflicht einführen. Er verschränkt die Arme: „Engels muss man nicht neu erfinden.“ Am Tisch ist man sich einig: „Wir gehen nur zur Wahl, damit die NPD nicht über 5 % kommt.“ Viele Wismarer würden in diesem Jahr wohl die Linke wählen – denn die SPD könne ohnehin nicht alleine regieren. Lu Yen Roloff

Protestwähler Site

Foto: Lu Yen Roloff

Der Protestwähler

Pitbull Arkie muss Gassi gehen. Heiko P. (32) schlendert über den Radweg, der parallel zur Ostsee zwischen den mit dichten Buchsbaumhecken abgeschirmten Kleingärten entlangführt. Auf der anderen Seite der Bucht rauchen die Schlote seines alten Arbeitgebers Holzegger. Bis letztes Jahr hat Heiko P. dort einen Jahresvertrag gehabt, „gut bezahlt“, sagt er. Dann kam die Wirtschaftskrise und über 50 Leute mussten gehen. Jetzt, wo die Werft 1200 Menschen entlassen habe, sei die Resignation groß unter seinen Freunden.
„Man kämpft sich von Jahr zu Jahr durch“, sagt Heiko P., der vorher im CD-Werk in Dassow gearbeitet hat und dort ebenfalls entlassen wurde. So wie viele Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern hätte auch dieses nur Subventionen abgegriffen: „Die haben für die fünf Millionen Fördergelder erst Sektchen mit dem Wirtschaftsministerium getrunken und dann fünf Jahre später die Firma kaputt gehen lassen.“
Weil er den Vater nach dessen Schlaganfall unterstützen muss, kommt für den gelernten Schlosser nur ein Job in Wismar und Umgebung in Frage. Inzwischen arbeitet er für das Solarzentrum. Schichtarbeit bei einem Dumpinglohn von sechs Euro, 900 Euro mache das im Monat. „Wie soll man davon leben?“ fragt er. „Ich hätte als Proteststimme auch die Linke gewählt“, sagt Heiko P. „Aber die drehen sich doch auch nur nach dem Wind.“ Heiko P. wird dieses Jahr die NPD wählen. Lu Yen Roloff

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Foto: Lu Yen Roloff

Die Mutter

Raus aus der Altstadt, den Berg runter und ins Neubaugebiet. Es ist ruhig zwischen den fünfstöckigen Plattenbauten: Grillen zirpen, von den Balkonen schallt immer wieder Gelächter, zwischen den Häusern hängt die Wäsche zum Trocknen. Früher sei der Kagenmarkt das „Stiefkind“ der Stadt gewesen, inzwischen werde es besser, sagen die Anwohner. Zwar wurden gerade zwei Häuser wegen Leerstand abgerissen, gleich daneben wachsen aber ein neuer Kindergarten und eine Schule. Vor dem Supermarkt sitzt eine junge Frau mit Kinderwagen. Ob sie betroffen von der Kirse ist? „Wie soll sie uns noch treffen?“, antwortet Melanie Konow. „Wir sind sowieso Hartz-IV-Empfänger! Die Chancen auf einen Job sind halt noch schlechter geworden.“ Konow ist 23, hat ein einjähriges Kind, eine Ausbildung als Kauffrau – nur keinen Job. Kürzlich hat sie sich um einen Krippenplatz für ihre Tochter bemüht. „Ich will, dass sie unter andere Kinder kommt und nicht allein auf ihre Bauklötze starrt.“ Als sie beim Amt anrief, erklärte ihr die Sachbearbeiterin: „Sie sind doch arbeitslos und sitzen den ganzen Tag zu Hause. „Darauf habe ich dann gar nichts mehr gesagt.“ Bei ihr im Viertel hängen überall die Wahlplakate der Linken: „Wir kämpfen“ steht dort in dicken Großbuchstaben. Kita-Plätze für alle Kinder ist eine Forderung der Linken. Melanie Konow hat es auf den Plakaten gelesen, später landete noch ein Flyer in ihrem Briefkasten. Die junge Mutter geht dieses Jahr zum ersten Mal wählen, in der Hoffnung auf einen Kita-Platz für ihr Kind. „Mal schauen, ob das klappt, wenn die gewählt werden.“ Ute Zauft

Wismar_Portraits-2Der Pastor

Pastor Roger Thomas öffnet eine schwere Holztür, tritt aus der kühlen Kirche ins Freie. In dem kleinen Pfarr-Hof spielen seine Kinder, dahinter steigen die dunkelroten Backstein-Mauern der Kirche empor. St. Nikolai erhebt sich schon von weitem sichtbar über Wismar. Seit mehr als sieben Jahrhunderten steht die Kirche dort, heute gehören noch 700 Gemeindemitglieder zu St. Nikolai. “Ich sehe nicht, dass die wesentlichen Fragen, die uns hier beschäftigen, von den Politikern aufgegriffen werden. Vollbeschäftigung ist doch eine Illusion. Wir erleben hier jeden Tag das Gegenteil“, sagt Thomas. Einmal in der Woche kommen 90 Leute in die Kirche, um dort Mittag zu essen. Sie haben nicht viel Geld, aber vor allem fehle ihnen der Kontakt zu anderen Menschen. Solchen Leuten Vollbeschäftigung zu versprechen sei unrealistisch und unredliche Politik, sagt Thomas. „Wichtiger wäre es, Menschen eine Form der Arbeit zu bieten, die sie nicht schwach und mürbe macht.“ Auf die Partei seiner Wahl angesprochen, reagiert der Pastor ratlos: „Für mich hat keine der Parteien ein überzeugendes Konzept, das Arbeit, soziales Leben und Gerechtigkeit verbindet.“ Wählen geht er trotzdem, schließlich habe man sich die freie Wahl hier als Bürgerrecht erkämpfen müssen. Lena Gürtler

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“Integration zur Normalität machen” http://www.wahlfahrt09.de/orte/integration-zur-normalitat-machen/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=integration-zur-normalitat-machen http://www.wahlfahrt09.de/orte/integration-zur-normalitat-machen/#comments Fri, 11 Sep 2009 21:43:37 +0000 Malte Göbel http://www.wahlfahrt09.de/?p=2487

Duisburg_Buergermeister

Foto: Milos Djuric

DUISBURG. Der Ruhrpott ist rot, Duisburg hat trotzdem einen CDU-Bürgermeister: OB Adolf Sauerland wurde am 30. August mit 44,6 Prozent im Amt bestätigt, viele mögen ihn und seine joviale Art – er fährt Motoroller statt Auto und hat im seinem Büro ein übergroßes Flugzeug-Modell der Boeing 747 namens “Duisburg”. Noch lieber zeigt er aber ein kleineres Modell des doppelstöckigen Airbus A380, der bald den gleichen Namen tragen soll.

Sie müssen als Duisburger Bürgermeister auch mit SPD-Kollegen zusammenarbeiten. Wie kommen Sie denn miteinander klar?

Ach, mit den Kollegen komm ich gut aus, aber da spielt auch die Parteipolitik kaum eine Rolle. Die Aufgabenstellung ist in den meisten Städten ähnlich. Da ist nicht viel Platz für Ideologien. Manche Städte haben noch Geld dafür, etwa Düsseldorf, aber wir schon lange nicht mehr.

Die rote Vergangenheit des Ruhrgebiets hat sich also erledigt?

Es gibt keine Stammwählerschaft mehr. Davon müssen sich alle Parteien freimachen, zumindest in der Kommunalpolitik ist das so. Natürlich gibt es Potenziale, die wir ansprechen müssen, und da ist Duisburg ohne Frage eine SPD-Stadt. Aber die SPD hat in Duisburg große Probleme, dieses Potenzial kommunalpolitisch in Wähler umzusetzen. Die Analyse sagt, dass die SPD 30% ihres Wählerpotenzials aktiviert hat, die CDU 70%. Und deswegen sind wir ungefähr gleich stark.

Aber die CDU hat gerade ihre Mehrheit im Stadtrat verloren…

Ja, aber auf was für einem Niveau! Ich mache Kommunalpolitik seit gut 30 Jahren, und dieses Niveau hätte ich mir damals nicht vorstellen können! Wir hatten damals immer knapp über zwanzig Prozent. Aber keine Frage, natürlich haben wir uns bei der letzten Wahl mehr versprochen.

Wie mobilisieren Sie?

Durch direkte Ansprache auch außerhalb des Wahlkampfes. Gerade ist Ramadan, und im Wahlkampf waren da viele Kommunalpolitiker unterwegs. Jetzt, seit den Wahlen am vergangenen Sonntag, bin nur noch ich unterwegs. Die Menschen wollen keinen Wahlkampf, sondern permanente Präsenz und Kommunikation mit der Politik. Und das wurde auch honoriert.

In Marxloh war das Ergebnis nicht so gut. Was muss die CDU dort machen?

Die Gegebenheiten des Ortes gut darstellen. In Obermarxloh wurde gesagt, das Ergebnis sei eine Katastrophe, und man kritisierte mich, weil ich mich angeblich zu sehr mit Türken zeige. Aber mein Ergebnis war dort 13 Prozent besser als das der CDU. Wer hat da Recht?

Also fremdelt die CDU mit Ihrer Integrationspolitik?

Was die CDU in fünf Jahren an Integration dazugelernt und an Potenzial entwickelt hat, ist schon enorm. Man sollte die Leute auch nicht überfordern. Jetzt haben wir sechs Jahre Zeit, das weiter zu entwickeln. Da wird sich einiges tun. Nordrhein-Westfalen hat jetzt einen Integrationsminister – das ist in der CDU nicht allen vermittelbar, aber es ist ein Zeichen! Das braucht alles etwas Zeit, aber wir sind auf einem guten Weg. Da sind für die CDU in Städten wie Duisburg richtig große Potenziale.

Welche Vorstellungen haben Sie für Duisburg, die Sie von der SPD abheben?

Wir müssen aus der Struktur einer Montanstadt raus. Aus Nostalgiegefühlen ist das okay, aber es ist nicht die Zukunft dieser Stadt. Die liegt auf anderen Feldern. Stahl ist wichtig für Duisburg, aber da wird es in Zukunft keine weiteren Arbeitsplätze geben. Wir müssen unsere Stadt attraktiver machen, uns zu einer Dienstleistungsstadt wandeln. Städtetourismus ist wichtig, das wird im Rahmen der Kulturhauptstadt 2010 zum Thema. Das sind die Märkte der Zukunft.

Welches Projekt haben Sie als Oberbürgermeister im Auge?

Integration zur Normalität machen. Integration ist kein Problem, es ist ein Potenzial. Ein Problem sind die fehlenden Deutschkenntnisse. Seit fünf Jahren schicken wir Deutschlehrer in die Schulen, das sind meist türkischstämmige Jugendliche, Lehramtsanwärter, die auch die Sprache der Kinder sprechen. Die ersten Ergebnisse zeigen, dass durch diese Sprachförderung nicht nur die Deutschnoten besser werden, sondern auch die in allen anderen Fächern. Jetzt verstehen sie, worüber in Mathematik geredet wird!

Und wie gehen Sie die Probleme in Stadtteilen wie Marxloh an?

Wenn Sie in Marxloh waren, am Bebelplatz, gucken Sie sich mal um. Einfach mal die Augen aufmachen, was sehen Sie da? Wer sitzt da in den Problemecken? Und wer nicht? Dann kommen Sie zu Erkenntnissen, die will ich Ihnen jetzt nicht vorwegnehmen – die sind schon interessant. Und so ist der Bezirk aufgestellt. Wenn ich das jetzt sagen würde, gibt es nur Kartoffeln von denjenigen, die die Wahrheit nicht hören wollen.

Können Sie es noch etwas mehr andeuten?

Wir haben die junge Bevölkerung. Wir haben die alte Bevölkerung. Und wir haben eine hoch sozial schwache Bevölkerung. Und gucken Sie sich das mal an, wer welchen Hintergrund hat. Mit oder ohne Migrationshintergrund. Sie werden das sofort sehen. Wir waren mit dem WDR da, die haben das gefilmt. Und haben über die Probleme von Migranten in Marxloh gesprochen, und ich habe denen gesagt: Gucken Sie sich das einfach nur mal an. Welches Problem sehen Sie hier?

[Anm. d. Red: Wir sind dieser Frage mit einem Video nachgegangen, offenbar meinte OB Sauerland, dass nicht die Migranten, sondern arbeitslose Deutsche das Problem darstellen]

Wie wollen Sie diese Leute noch mitnehmen?

Wir müssen die mitnehmen! Wir müssen versuchen, Angebote so zu gestalten, dass die nicht sich übergangen sehen, dass die nicht Outsider der Gesellschaft sind. Da brauchen wir staatliche Angebote, da brauchen wir Gelder, um die mitnehmen zu können. Und wir brauchen eine Diskussion um Sozialgesetzgebung. Aber die muss ich nicht führen, das müssen die im Bundestag machen.

Interview: Lena Brochhagen, Malte Göbel

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Auf der Suche nach Problem-Ecken in Duisburg-Marxloh http://www.wahlfahrt09.de/orte/problem-ecken-in-duisburg-marxloh/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=problem-ecken-in-duisburg-marxloh http://www.wahlfahrt09.de/orte/problem-ecken-in-duisburg-marxloh/#comments Fri, 11 Sep 2009 16:47:48 +0000 JC Kage http://www.wahlfahrt09.de/?p=2612 DUISBURG. Der Duisburger Oberbürgermeister sprach im Interview mit Wahlfahrt-Reporter Malte Göbel in kryptischen Andeutungen über “Problem-Ecken” in Marxloh – die Probleme dort würden offensichtlich, wenn man nur hinsehe, wer da so sitze und wer nicht. Also gingen wir hin und fragten nach.

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Wenn Brautkleid, dann Marxloh http://www.wahlfahrt09.de/orte/wenn-brautkleid-dann-marxloh/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=wenn-brautkleid-dann-marxloh http://www.wahlfahrt09.de/orte/wenn-brautkleid-dann-marxloh/#comments Fri, 11 Sep 2009 11:08:56 +0000 Lena Brochhagen http://www.wahlfahrt09.de/?p=3033 Duisburg. Duisburg-Marxloh ist klar spezialisiert: Gefühlt jedes zweite Geschäft verkauft Brautmode, und das nicht nur in Weiß. Für ihre Auswahl ist die Weseler Straße im Stadtteil Marxloh überregional bekannt, dafür sorgt Werbung im türkischen Fernsehen. Aus Berlin, den Niederlanden und sogar der Türkei kommen Kunden.

Als wahlfahrt09.de in der Fußgängerzone Station macht, haben gerade wieder zwei neue Geschäfte eröffnet. Einige Anwohner klagen, sie bräuchten endlich einen Bücherladen, kein weiteres Hochzeitsgeschäft, auch wenn die in leer stehende Läden kommen. Doch für die Brautmodenverkäufer ist die Monostruktur ein klarer Erfolgsfaktor. Eine Umfrage in Brautmode-Geschäften.

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Foto: Lena Brochhagen

Zehra Sahin, Verkäuferin im Brautmodengeschäft „Bayar“:

„In Deutschland ist Marxloh der Ort für Brautkleider. Wenn man ein Brautkleid braucht oder Abendmode oder Herrenmode, dann weiß man: Okay, wir fahren nach Marxloh. Die Kunden kommen sogar aus der Türkei. Es gibt hier so viele Läden, da hat man eine große Auswahl.

Deutsche wollen eher einfache Brautkleider, Türken mehr etwas Pompöses, Ausgefallenes – aber da ist auch jeder anders. Das Kleid muss aber immer einmalig sein.“

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Foto: Lena Brochhagen

Hülya Seren, Verkäuferin im Brautmodeladen „Topkapi”

„Gerade sind cremefarbene Kleider in Mode. Wir verkaufen auch Zubehör wie weiße Kopftücher. Die kann sich die Braut beim Friseur legen lassen. Auch viele Deutsche kommen hierher, die haben eigentlich den gleichen Geschmack wie Türken. Letztens sind auch Touristen gekommen, aus Japan glaube ich, die wollten sich den Laden angucken. Ich hatte vorher einen klaren Wunsch, wie mein Brautkleid aussehen soll, aber jetzt, weil ich hier arbeite, komme ich ganz durcheinander – ich weiß gar nicht, was ich kaufen soll.“

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Foto: Lena Brochhagen

Nagihan Güner, Verkäuferin im Brautmodengeschäft „Ophelia“

„Das Geschäft läuft in Marxloh sehr gut, auch wenn es viel Konkurrenz gibt. Am Wochenende kommen sehr viele Leute, die meisten aus den Niederlanden. So viele Geschäfte auf einen Fleck gibt’s nirgendwo in Deutschland. Das spricht sich rum. Es kommen auch viele Deutsche. Die sind sehr zufrieden mit dem Service.“

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Foto: Lena Brochhagen

Özlem Ülger, Inhaberin des Negligee-Geschäfts „özgül“

Ich verkaufe Unterwäsche für die Brautmode und die traditionellen gegenseitigen Geschenke zur Verlobung. Die Bräutigamseite muss der Braut ein Negligee-Set holen, plus Unterwäsche, Schminkartikel. Auch die Schwiegereltern bekommen etwas. Die Bräutigam-Seite muss mit 180 bis 240 Euro Kosten rechnen, die Brautseite zahlt weniger. Mein Geld verdiene ich mit den Kunden von außerhalb. Wären hier nur Leute aus Duisburg, hätte ich längst dicht gemacht.

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Foto: Lena Brochhagen

Esra Kunt, Verkäuferin im Brautmodengeschäft „White Lady Design“
„Wir produzieren unsere Kleider selbst. Die Mutter unseres Chefs ist unsere Designerin. Die Fabrik ist in Izmir. Die Kleider bei uns sind besser als Produkte aus China, da sind die Stoffarten nicht so gut. Man merkt die Qualität auf den ersten Blick, den Stoff, wenn man es anfasst.
Wenn man Brautmode sagt, kommt direkt in Gedanken ‚Marxloh’. Unser wichtigster Tag ist der Samstag, da kommen die Leute aus bis zu 400 Kilometern.“

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Wahlgangster in Gevelsberg http://www.wahlfahrt09.de/orte/wahlgangster-in-gevelsberg/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=wahlgangster-in-gevelsberg http://www.wahlfahrt09.de/orte/wahlgangster-in-gevelsberg/#comments Thu, 10 Sep 2009 10:37:25 +0000 JC Kage http://www.wahlfahrt09.de/?p=3030

GEVELSBERG. Das erste Mal ist oft schwer. Gerade wenn 18jährige wählen sollen, die sich im Alltag noch kaum mit Politik auseinandergesetzt haben. Seit Jahren geht die Zahl der Erstwähler zurück. Die Studenten der “Wahlgang” besuchen deswegen Schulen, um den Jugendlichen bei der ersten schweren Wahl Entscheidungshilfen zu geben. Wir waren in Gevelsberg dabei.

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